Dresden Loschwitz: Ein lebendiger Ort der Ruhe

Panorama Dresden Loschwitz
Seit dem Jahr 1901 verbindet die historische Schwebebahn den Stadtteil Loschwitz mit den Höhenlagen von Oberloschwitz. Foto: Adobe Stock

Loschwitz ist nicht nur der größte Dresdner Stadtbezirk. Das ehemalige Fischer- und Winzerdorf ist ein Kleinod neben der ­Elbmetropole, das zwar irgendwie dazugehört und doch ganz anders ist.

Loschwitz ist anders. Der mondäne Stadtteil auf der nordöstlichen Elbseite zwischen Blauem Wunder, malerischen Elbhängen und den prächtigen Elbschlössern ist nicht nur das Tor ins Grüne für Sonntagsausflügler und Gäste, die dem wuseligen Treiben der Elbmetropole für ein paar Stunden entkommen wollen. Loschwitz, das ist – wenn das Wetter stimmt – mit seinen Tavernen, Cafés und Manufakturen auch ein Stück Italien, gleich neben der sächsischen Hauptstadt.

Loschwitz: Freigeist, Charme und Geschichte

Man muss das so sagen, denn wenn es nach den Loschwitzern geht, dann gehört ihr Stadtteil eigentlich nur ein bisschen zu Dresden – wenn überhaupt. Im Vorfeld der Eingemeindung des Elbdorfs 1921 stemmten sich die Bewohner mit aller Kraft dagegen, von 2.900 Einwohnern stimmten nur 142 dafür. Die Loschwitzer sind Freigeister, schon immer gewesen. Schiller schrieb hier seinen „Don Carlos“, und während der Zeit der DDR, als sich die politischen Eliten nur allzu gern am Elbhang niederließen, existierte in Loschwitz eine Künstlerszene, die sich dem Staatssozialismus nicht unterordnen wollte.

Loschwitzer Kommunikationszentrale: Holger Friebel und der Elbhang-Kurier

Herausgeber Holger Friebel kennt jeden in ­Loschwitz – und jeder kennt ihn. Seit 1993
erscheint sein „Elbhang-Kurier“. Foto: Nils Bröer

Einer aus dieser Szene ist Holger Friebel. Der gebürtige Losch­witzer ist mit seiner Werbeagentur und dem Elbhang-Kurier-­Verlag so etwas wie die Kom­munikationszentrale für alle ­Loschwitzer, die sich ihrem Stadtteil verbunden fühlen. Gegründet hat Friebel seine Agentur 1991 in den wilden Jahren der Wende, allerdings schon damals mit dem innigen Wunsch, den Menschen in Loschwitz etwas zurückzugeben. Seit 1993 gibt er den „Elbhang-Kurier“ heraus, zwölfmal pro Jahr und „ohne Unterbrechungen“, wie der 61-Jährige nicht ohne Stolz sagt. Was auch immer im Stadtteil passiert – oder vor 700 Jahren passiert ist: Friebel weiß es.

Grund dafür ist sein Opus magnum, ein mehr als 1.000 Seiten umfassendes Werk, „Loschwitz – Illustrierte Ortsgeschichte“, das er in akribischer Arbeit mit dem Ortsverein, 120 Autoren und Mitarbeitenden über einen Zeitraum von sieben Jahren umgesetzt hat. Doch Chronist von ­Loschwitz will er nicht genannt werden: „Wir haben hier fantastische Historiker, sagt er, in den Heimatvereinen und in der Ortsgemeinschaft. Ohne sie wäre so ein Buch gar nicht möglich gewesen“, sagt er. „Ich bin eher der Gestalter.“

Paradies für Musikfreunde: Tino Tuch und sein Plattenladen Sweetwater Records

Tino Tuch vor einem Panorama aus Vinyl. An derselben Stelle saß schon Christian Thielemann. Foto: Nils Bröer

Am Körnerplatz, dem alten Dorfkern von Loschwitz, sitzt Tino Tuch vor einem meterhohen Regal, dicht an dicht vollgepackt mit Schallplatten. Sein Laden, Sweetwater Records, ist einer der besten Vinyl-Anlaufstellen der Stadt (es gibt auch CDs), wahrscheinlich ganz Sachsens. Tuch ist in Loschwitz aufgewachsen, machte 1984 rüber – und in Süddeutschland schnell Karriere bei Siemens. 1993 trieb ihn das Heimweh zurück nach Dresden. „In den frühen 90ern war Dresden das Mekka für experimentelle Musik“, sagt er, „an jeder Ecke wurde Free Jazz gespielt.“

Wer in Loschwitz lebt und Musik liebt, kauft bei Tuch. Manche Kunden haben ein eigenes Fach, in das Tuch Neuankäufe einsortiert, „wenn ich weiß, dass das passt“. Natürlich kennt Tuch die Musiker, die Künstler, die in Loschwitz wohnen, aber er bleibt stets diskret. Nichtsdestotrotz ist es wahrscheinlich kein Wunder gewesen, dass sich Stardirigent Christian Thielemann vor Tino Tuchs Plattenregal vom renommierten Jazzfotografen Matthias Creutziger ablichten ließ.

Die wahrscheinlich beste Eierschecke der Stadt: im Kaffee Wippler

Kathrin und Gregor Wippler führen das Kaffee Wippler in Losch­witz. Das Familienunternehmen hat eine 100-jährige Tradition. Foto: Nils Bröer

Ein paar Meter weiter, im Kaffee ­Wippler, herrscht Hochbetrieb. Wippler, das ist hier so etwas wie die Garantie für richtig nettes Kaffeetrinken. Und tatsächlich lohnt es sich, einen Tisch zu reservieren, denn die Torten von Wippler sind beliebt, die Eierschecke sogar legendär. Dafür sorgt die Chefin Kathrin Wippler persönlich. Unter der Woche steht sie um 2.30 Uhr morgens auf, packt in der Produktion ein paar Kilometer fluss­aufwärts mit an. Die Konditormeisterin verzichtet auf „Backtütchen“, die regionalen Zutaten wählt sie selbst aus.

Und vielleicht ist es auch das, was Loschwitz besonders macht. Das kleine bisschen Mehr – mehr Ruhe, mehr Engagement und mehr Idylle –, das den Unterschied macht. Loschwitz ist eben anders.

„Elbhang-Kurier“
Seit 1993 reflektiert der „Elbhang- ­Kurier“ das Leben in Loschwitz.
elbhangkurier.de

Sweetwater Records
Seit mehr als 30 Jahren in Loschwitz. Die große Auswahl schätzen sogar Kunden aus Prag.
sweetwaterjazz.de

Kaffee Wippler
Jeden Tag frische Torten und ein großes glutenfreies Angebot.
konditorei-wippler.de

Leonhardi-Museum
Das Haus in der ehemaligen Hentschelmühle zeigt wechselnde Ausstellungen.
leonhardi-museum.de

31. Elbhangfest 28. bis 30. Juni 2024
Inspiriert vom Aufbruch der Bürgerbewegung ist das Festival mittlerweile Pflichttermin für ganz Dresden.
elbhangfest.de