Quantenphysik – Made in Dresden

Interview mit Prof. Dr. Matthias Vojta vom Exzellenzcluster ct.qmat

Zwei lächelnde Männer zeigen ein Tablet mit einer Cartoon-App.
Die Physiker Ralph Claessen und Matthias Vojta präsentieren die Katze Q App. Foto: © Tobias Ritz/ct.qmat

Die nächste Quantenrevolution könnte unseren Alltag gehörig umkrempeln. Ein Dresdner Netzwerk hat dabei die Nase vorn. Ein Interview mit Matthias Vojta, Sprecher des Exzellenzclusters ct.qmat.

Dresden Magazin: Herr Vojta, woran genau forschen Sie in Dresden?

Matthias Vojta: Wir arbeiten an topologischen Quantenmaterialien. Das sind neuartige Materialien mit ganz besonderen Eigenschaften. Beispielsweise können sie auf ihrer Oberfläche Strom nahezu verlustfrei leiten, während sie im Inneren isolierend sind. Stellen Sie sich eine Keksdose aus Metall vor, außen fließt Strom, innen ist sie gefüllt mit isolierenden Keksen. Im Gegensatz zur Keksdose sind die Materialien äußerst robust. Würde man sie in der Mitte durchsägen, hätte man einfach zwei dieser sogenannten topologischen Isolatoren, die auf der Oberfläche perfekt Strom leiten.

Gezeichnete Dose wie Kekse, Aufschrift Insulator inside
Neuartige Materialien aus Dresden könnten unsere Welt revolutionieren

Dresden Magazin: Welchen praktischen Nutzen haben die von Ihnen entwickelten Materialien?

Matthias Vojta: Wir machen Grundlagenforschung. Ihren Nutzen wird unsere Forschung nicht morgen, sondern eher übermorgen zeigen. Damit meine ich eine Zeitskala von etwa 10 oder 20 Jahren. Wir erwarten, dass viele von den Dingen, die wir heute machen, dann eine Rolle spielen – zum Beispiel bei Technologien für die Datenverarbeitung, auf Gebieten der Medizintechnik und Sensorik oder auch bei der Quantenkommunikation.

Dresden Magazin: Mit welchen Methoden und Experimenten sind Sie den neuen Werkstoffen auf der Spur? 

Matthias Vojta: Unsere physikalischen Experimente finden oft, und das ist sehr spannend, unter extremen Bedingungen statt. Zum Beispiel ist es in unseren Laboren superkalt, nur Bruchteile über dem absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius. Wir experimentieren unter sehr hohem Druck oder starkem Magnetfeld, denn nur so offenbaren die Materialien ihre besonderen Eigenschaften. 

Dresden Magazin: Welche Ergebnisse wurden schon erzielt und was bedeuten sie für unsere Gesellschaft?

Matthias Vojta: Ein Durchbruch war die Herstellung eines neuen Materials namens Mangan-Bismut-Tellurid. Dieses und verwandte Stoffe werden wichtig sein, um Technologien, die heute große Datenmengen erfordern und dabei viel Energie verbrauchen, nachhaltiger und energiesparender zu machen. Beispiele sind das inzwischen alltäglich gewordene Videostreaming, aber auch die Künstliche Intelligenz. Wir denken, dass unsere Forschung einen entscheidenden Teil dazu beitragen kann, diese Technologien zu revolutionieren.

Jeder Festkörperphysiker weltweit kennt inzwischen Dresden.

Dresden Magazin: Dresden hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Standort der Quantentechnologie-Forschung entwickelt. Wie kam es dazu und warum gerade hier?

Matthias Vojta: Ohne Übertreibung: Jeder Festkörperphysiker weltweit kennt inzwischen Dresden. Ein Hauptgrund dafür ist, dass es hier eine einmalige Dichte von Forschungseinrichtungen gibt. Das macht Dresden attraktiv für die besten Köpfe in der Wissenschaft. Ich selbst bin aus Köln nach Dresden gekommen, weil ich gesehen habe, dass Dresden ein ganz besonderer Standort ist. Unser Exzellenzcluster hat neben der Universität vier Forschungsinstitute als Partner, von denen wir enorm profitieren. Das Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf ist nur ein Beispiel. Dort ist vor einigen Jahren ein Weltrekord aufgestellt worden für die Erzeugung von hohen Magnetfeldern, was für unsere Forschung ganz wichtig ist.

Katze Q: Erster Escape Room zur Quantenphysik in Dresden

Erlebt die preisgekrönte Spiele-App Katze Q als Escape Room in Dresden – für Kinder ab zehn Jahren, Jugendliche und Erwachsene.

Dresden Magazin: Quantentechnologie gilt als Zukunftstechnologie des 21. Jahrhunderts. Was meinen Sie: Können wir uns schon bald teleportieren?

Matthias Vojta: Teleportieren können wir uns vermutlich nicht, aber Quantentechnologie wird an ganz vielen Stellen unseres Lebens eine Rolle spielen. Technologie der Zukunft ist ein Stichwort, wir arbeiten an energiesparenden Chips, an neuen Informationsspeichern, an Datenverarbeitung mit Licht, die schneller und energiesparender sein wird als das, was mit elektrischem Strom möglich ist. Quantensensoren werden ihren Einsatz in der Medizintechnik finden. Quantenkommunikation wird zu abhörsicherer Kommunikation führen. Und natürlich der Quantencomputer. Den gibt es noch nicht und es ist noch eine Menge Grundlagenforschung nötig. Auch da wird unsere Forschung Beiträge leisten.

Dresden Magazin: Wie können Interessierte mehr über Ihre Arbeit und Fortschritte erfahren?

Matthias Vojta: Die Forschung unseres Exzellenzclusters ist am besten auf unserer Website zu finden, dort gibt es ein Schaufenster für interessierte Laien. Außerdem haben wir einen Youtube­Kanal mit vielen Erklärvideos zur Quantenphysik. In diesem Jahr wurde in Dresden der erste Escape-Room zur Quantenphysik für Kinder eröffnet. Vorbild ist die Spiele-App „Katze Q – ein Quanten-Adventure“, die ct.qmat gemeinsam mit dem App-Designer Philipp Stollenmayer entwickelt hat.

Exzellenzcluster ct.qmat
Mehr als 300 Wissenschaftler aus über 30 Ländern forschen im Dresdner/Würzburger Netzwerk
ct.qmat – Complexity and Topology in Quantum Matter (Komplexität und Topologie in Quanten-materialien).

Web-Ausstellung „Blick in -unsere Forschung“
Unter ctqmat.de/de/schaufenster berichtet das ct.qmat-Wissenschaftsteam über aktuelle Projekte, Erkenntnisse und Ziele.

Videos zur Quantenphysik
Eine Reihe von Erklärvideos zu Fragen der Quantenphysik stellt ct.qmat auf seinem Youtube-Kanal bereit.

Erster Escape-Room zur Quantenphysik
Im Frühjahr 2024 wurde in den Technischen Sammlungen Dresden der erste Escape-Room zur Quantenphysik für Kinder eröffnet.
Infos unter tsd.de und schule.katzeq.app