Die Winterpause ist zu Ende: Seit Anfang April ist der Forstbotanische Garten in Tharandt wieder geöffnet. Hier spaziert man durch Wälder, wie es sie früher gegeben hat – und in Zukunft womöglich einmal geben wird.
Man muss nicht unbedingt einen Langstreckenflug buchen, um die Rocky Mountains zu besuchen. Von Dresden aus reicht die S-Bahn, zwei Stationen. Am Bahnhof in Tharandt wartet schon Ulrich Pietzarka, seit 24 Jahren Kustos des Forstbotanischen Gartens.
Der 35 Hektar große Gelände wurde 1811 von Heinrich Cotta gegründet, der eine private Ausbildungsstätte für Förster betrieb. Inzwischen gehört das Areal zur Fakultät Umweltwissenschaften der TU Dresden. Über 3000 verschiedene Baumsorten wachsen hier, die wenigsten davon sind in Mitteleuropa heimisch.
Mit dem Auto durchqueren wir das kleine Städtchen, das zu Cottas Zeiten ein mondäner Badeort war – Goethe und Kleist haben hier Urlaub gemacht. Wir fahren unter einer langen, schmalen Brücke hindurch, die den Garten in zwei Teile trennt: den historischen und den nordamerikanischen, vor dessen Tor wir jetzt halten. Laut der Landkarte geht es links nach Utah und Nevada, rechts nach Georgia.
In den vergangenen Jahrzehnten war Pietzarka viel in den USA unterwegs, um die dortigen Wälder zu erforschen. Und um Samen der dort heimischen Bäume zu sammeln.
Pietzarka forscht am Wald der Zukunft. Denn der Wald wird sich verändern müssen, je weiter der Klimawandel fortschreitet. Hitze und Dürren werden auch in Mitteleuropa zunehmen. Pietzarka und seine Kollegen von der TU Dresden suchen deshalb nach Alternativen zu den in Deutschland bisher heimischen Bäumen. „Wir schauen: Wie verhalten sich die Sorten hier? Wie reagieren sie auf Dürre?“ In einige Eichen und Eschen setzt er derzeit große Hoffnung, sie könnten den deutschen Wald zukunftsfest machen.
Jetzt, Anfang April, beginnt es hier und da schon zu blühen. Nur die Baumgruppe vor uns sieht traurig und mitgenommen aus. „Ein Wacholder, dem hat der Winter zugesetzt.“ Also erstmal kein Kandidat für den deutschen Wald.
Ein paar hundert Meter weiter ragt ein kleiner Steinhaufen auf. Oben ist ein kleiner Aussichtspunkt, von dem man aus die umliegenden Dörfer sieht. „Unsere Rocky Mountains“, erklärt Pietzarka mit ironischem Lächeln. Besonders hoch ist der Haufen nicht. Aber von hier oben hat man einen guten Überblick über die verschiedenen Bäume.
Die Forscher kennen die Herkunft jedes einzelnen, schließlich haben sie ihre Samen eigenhändig eingesammelt: in China, Russland, oft in den USA. Der Standort der Mutterbäume ist in einer Datenbank gespeichert. „Jeder der Bäume ist ein Punkt auf der Weltkarte“, sagt Pietzarka.
Ein paar Hundert Meter weiter beginnt der Neuengland-Teil. Eine Schautafel zeigt ein Bild vom Indian Summer: die vielfarbig leuchtenden Kronen von Zuckerahorn, Rotahorn und Roteiche. „Da wollen wir hin“, sagt Pietzarka. „Zu diesem Durcheinander.“ Der deutsche Wald sei zu strukturiert, zu geordnet. Deshalb sei er anfällig für Schädlinge, erklärt Pietzarka. Bei Monokulturen könnten die sich schnell ausbreiten – sie müssten sich schließlich nur auf den Ast des Nachbarbaumes fallen lassen. „Wenn der Käfer aber hundert Meter fliegen muss, um den nächsten Baum der Sorte zu finden, strengt ihn das zu sehr an.“
Auf den Rückweg zum Auto kommen wir an einem Schild vorbei, das auf Riesenmammutbäume hinweist. Die Bäume, die dahinterstehen, sind wirklich hübsch – aber riesig? Eher nicht. Pietzarka lacht. Er hat die Samen 1999 gesammelt, in der Sierra Nevada, eingepflanzt wurden die Bäume 2003. Es wird noch einige Jahrzehnte dauern, bis sie in ihren Namen hineingewachsen sind.
Viele der Ergebnisse der Forschung, die hier im Forstbotanischen Garten passiert, werden erst künftigen Generationen zur Verfügung stehen. „Eine Waldgeneration dauert rund 100 Jahre“, sagt Ulrich Pietzarka. „Da sind zehn oder 20 Jahre ein Witz.“ Aber mit Ungeduld ist man in seinem Job ohnehin falsch.
Die Winterpause ist zu Ende: Seit Anfang April ist der Forstbotanische Garten in Tharandt wieder geöffnet. Hier spaziert man durch Wälder, wie es sie früher gegeben hat – und in Zukunft womöglich einmal geben wird.
Man muss nicht unbedingt einen Langstreckenflug buchen, um die Rocky Mountains zu besuchen. Von Dresden aus reicht die S-Bahn, zwei Stationen. Am Bahnhof in Tharandt wartet schon Ulrich Pietzarka, seit 24 Jahren Kustos des Forstbotanischen Gartens.
Der 35 Hektar große Gelände wurde 1811 von Heinrich Cotta gegründet, der eine private Ausbildungsstätte für Förster betrieb. Inzwischen gehört das Areal zur Fakultät Umweltwissenschaften der TU Dresden. Über 3000 verschiedene Baumsorten wachsen hier, die wenigsten davon sind in Mitteleuropa heimisch.
Mit dem Auto durchqueren wir das kleine Städtchen, das zu Cottas Zeiten ein mondäner Badeort war – Goethe und Kleist haben hier Urlaub gemacht. Wir fahren unter einer langen, schmalen Brücke hindurch, die den Garten in zwei Teile trennt: den historischen und den nordamerikanischen, vor dessen Tor wir jetzt halten. Laut der Landkarte geht es links nach Utah und Nevada, rechts nach Georgia.
In den vergangenen Jahrzehnten war Pietzarka viel in den USA unterwegs, um die dortigen Wälder zu erforschen. Und um Samen der dort heimischen Bäume zu sammeln.
Pietzarka forscht am Wald der Zukunft. Denn der Wald wird sich verändern müssen, je weiter der Klimawandel fortschreitet. Hitze und Dürren werden auch in Mitteleuropa zunehmen. Pietzarka und seine Kollegen von der TU Dresden suchen deshalb nach Alternativen zu den in Deutschland bisher heimischen Bäumen. „Wir schauen: Wie verhalten sich die Sorten hier? Wie reagieren sie auf Dürre?“ In einige Eichen und Eschen setzt er derzeit große Hoffnung, sie könnten den deutschen Wald zukunftsfest machen.
Jetzt, Anfang April, beginnt es hier und da schon zu blühen. Nur die Baumgruppe vor uns sieht traurig und mitgenommen aus. „Ein Wacholder, dem hat der Winter zugesetzt.“ Also erstmal kein Kandidat für den deutschen Wald.
Ein paar hundert Meter weiter ragt ein kleiner Steinhaufen auf. Oben ist ein kleiner Aussichtspunkt, von dem man aus die umliegenden Dörfer sieht. „Unsere Rocky Mountains“, erklärt Pietzarka mit ironischem Lächeln. Besonders hoch ist der Haufen nicht. Aber von hier oben hat man einen guten Überblick über die verschiedenen Bäume.
Die Forscher kennen die Herkunft jedes einzelnen, schließlich haben sie ihre Samen eigenhändig eingesammelt: in China, Russland, oft in den USA. Der Standort der Mutterbäume ist in einer Datenbank gespeichert. „Jeder der Bäume ist ein Punkt auf der Weltkarte“, sagt Pietzarka.
Ein paar Hundert Meter weiter beginnt der Neuengland-Teil. Eine Schautafel zeigt ein Bild vom Indian Summer: die vielfarbig leuchtenden Kronen von Zuckerahorn, Rotahorn und Roteiche. „Da wollen wir hin“, sagt Pietzarka. „Zu diesem Durcheinander.“ Der deutsche Wald sei zu strukturiert, zu geordnet. Deshalb sei er anfällig für Schädlinge, erklärt Pietzarka. Bei Monokulturen könnten die sich schnell ausbreiten – sie müssten sich schließlich nur auf den Ast des Nachbarbaumes fallen lassen. „Wenn der Käfer aber hundert Meter fliegen muss, um den nächsten Baum der Sorte zu finden, strengt ihn das zu sehr an.“
Auf den Rückweg zum Auto kommen wir an einem Schild vorbei, das auf Riesenmammutbäume hinweist. Die Bäume, die dahinterstehen, sind wirklich hübsch – aber riesig? Eher nicht. Pietzarka lacht. Er hat die Samen 1999 gesammelt, in der Sierra Nevada, eingepflanzt wurden die Bäume 2003. Es wird noch einige Jahrzehnte dauern, bis sie in ihren Namen hineingewachsen sind.
Viele der Ergebnisse der Forschung, die hier im Forstbotanischen Garten passiert, werden erst künftigen Generationen zur Verfügung stehen. „Eine Waldgeneration dauert rund 100 Jahre“, sagt Ulrich Pietzarka. „Da sind zehn oder 20 Jahre ein Witz.“ Aber mit Ungeduld ist man in seinem Job ohnehin falsch.
Der Forstbotanische Garten Tharandt ist von April bis Oktober täglich von 8–17 Uhr geöffnet.
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