Künstlergruppe „Die Brücke“: Farbrausch und Freiheit

Eine kreative Revolution mit Dresdner Wurzeln

Karl Schmidt-Rottluff Landschaft in Rottluff, 1921 (Ausschnitt)
Karl Schmidt-Rottluff Landschaft in Rottluff, 1921 (Ausschnitt) Foto: © Foto: Albertinum | Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Jürgen Karpinski

Die Künstlergruppe Brücke, 1905 in Dresden gegründet, stand für einen radikalen Neubeginn in der Kunst. Heute gilt sie als Keimzelle des deutschen Expressionismus. Auf ihren Spuren in Dresden und Moritzburg.

Was am 7. Juni 1905 in Dresden geschah, sollte die Kunstwelt für immer verändern. Vier junge Architekturstudenten – Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel sowie Karl Schmidt-Rottluff – gründeten die Künstlergruppe „Die Brücke“ und legten damit den Grundstein für den deutschen Expressionismus. Nicht nur in ihren Werken, sondern auch mit ihrer Lebensweise stellten die Brücke-Künstler die ästhetischen und moralischen Normen ihrer Zeit entschieden infrage und wagten den Aufbruch. Raus aus der bürgerlichen Enge und Starre, zurück zur Natur und dem Ursprünglichen, so lautete ihre Devise.

Farbexplosionen und neue Formensprache

Mit ihrer Kunst beschreiten die Autodidakten radikal neue Wege. Leuchtende Farben, impulsive Pinselstriche und dynamische Linien wurden zu den Markenzeichen der Künstlergruppe. Ziel war es, das Leben unmittelbar abzubilden, in der Bewegung und im Moment. Aktzeichnen nach lebenden Modellen gehörte ebenso zur täglichen Übung wie das Arbeiten unter freiem Himmel. Ihre farbgewaltige, aufs Wesentliche reduzierte Bildsprache wird zum Startschuss in die Moderne. Heute begegnen wir ihr in Filmen wie der Serie „Babylon Berlin“, sowie in Kunst und Design, etwa auf dem ikonischen Albumcover „Heroes“ von David Bowie.

Von der Studentenbude zur Kunstrevolution

Links: Erich Heckel „Atelierszene“ (1911), Rechts: Ernst Ludwig Kirchner „Stehende nackte Mädchen am Ofen“ (1908), © Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Fotos: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Die Dresdner Ateliers der Künstler waren Brutstätten dieser neuen Ästhetik. Kirchners Atelier in der Friedrichstadt, zunächst in der Berliner Straße 60, später in der Nr. 80, diente nicht nur als Werkstatt, sondern war auch Lebensmittelpunkt der Gruppe. Inmitten selbst angefertigter und bemalter Möbel, Batiken und Bilder verbrachten die Künstler dort „jede freie Stunde“, wie Heckel später sagt. Werke wie Kirchners „Stehende Mädchen am Ofen“ oder Heckels „Atelierszene“ gewähren intime Einblicke in den Atelier-Kosmos dieser Schaffensjahre.

Sommer in Moritzburg

Legendär sind die gemeinsam verbrachten Sommer von 1909 bis 1911 an den Moritzburger Teichen. Hier kamen die Künstler ihrem Ideal vom Leben und Schaffen fernab bürgerlicher Zwänge sehr nah. Sie zelteten, badeten nackt, malten im Freien. In der gemeinsamen Arbeit entwickelten sie spätestens jetzt einen einheitlichen, unverwechselbaren „Brückestil“. Auch die Motive ähneln sich: Badende, die idyllische Landschaft, das ungezwungene Zusammensein mit ihren Modellen. Tatsächlich sind die Arbeiten jener Zeit nur schwer einem einzelnen Maler zuzuordnen. Pechsteins „Sitzendes Mädchen“ (1910), Kirchners „Marcella“ (2009) oder Heckels „Am Waldteich“ (1911) sind Beispiele der wilden Schaffenskraft dieser Sommer.

Die Künstlergruppe Brücke bestand insgesamt acht Jahre. Nachdem sie 1911 nach Berlin zogen, gingen die Künstler zunehmend eigene Wege. 1913 löste die Gruppe sich schließlich auf.

Auf den Spuren der Künstlergruppe Brücke in Dresden und Moritzburg

Brücke-Weg in Moritzburg

Station auf dem Brücke Weg Moritzburg
Auf dem Brücke Weg Moritzburg: Zwei Wander- und eine Fahrradroute führen zu den 15 Standorten der Brücke-Künstler. Foto: Meißen Media

Heute führt der Brücke-Weg in Moritzburg zu 15 originalen Orten ihres Schaffens. An den Stationen finden Besucher Informationstafeln, Bildrahmen und QR-Codes, die den Blick der Künstler auf die Landschaft nachvollziehbar machen. Der Weg kann zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkundet werden – entweder bei einer geführten Tour oder auf eigene Faust.

Termine für 2025: 30.06., 27.07., 25.08., 29.09. und 20.10. (individuelle Termine auf Anfrage möglich)
Moritzburg Information, Schlossallee 3b, 01468 Moritzburg, täglich 10 – 16 Uhr, November bis März montags geschlossen, Kontakt: info@kulturlandschaft-moritzburg.de, Telefon: 035207 / 854-0


Kunstsommer Moritzburg

Rotes Haus und Sommertheater Rotes Haus in Moritzburg
Rotes Haus und Sommertheater Rotes Haus in Moritzburg, Foto: Sylvio-Dittrich

Der Kunstsommer Moritzburg steht in diesem Jahr ganz im Zeichen des 120. Brücke-Gründungsjubiläums. Vom 14. Juni bis zum 31. August wird das idyllisch gelegene Rote Haus am Dippelsdorfer Teich zum Ort expressionistischer Inspiration – genau dort, wo einst die Brücke-Künstler ihre Werke schufen. Unter dem Motto „Was uns zum Schaffen drängt“ werden jeden Samstag und Sonntag Werke im Geiste expressionistischer Freiheit präsentiert – eine Hommage an die wilde Schaffenskraft von Kirchner, Pechstein & Co. Workshops, Führungen und künstlerische Aktionen (in Kooperation mit dem Kraftwerk Moritzburg e.V.) ergänzen das Programm zum Brücke-Kunstsommer.

Ort: Rotes Haus, Dippelsdorfer Teich, Dorfstraße 3, 01468 Moritzburg
Tickets & Infos: kulturlandschaft-moritzburg.de


Brücke-Künstler in Dresdner Galerien

Karl Schmidt-Rottluff Baumlandschaft. 1928
Karl Schmidt-Rottluff „Baumlandschaft“ (1928) © Foto: Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Jürgen Karpinski

Wer das Erbe der Brücke-Künstler in Dresden erkunden möchte, findet im Albertinum einen Schatz an Originalwerken. Im großen Brücke-Saal der Gemäldegalerie Neue Meister sind herausragende Arbeiten der Künstlergruppe zu sehen. Darunter ist die in den 1970er und 1980er Jahren erworbene Werkgruppe von Schmidt-Rottluff mit Arbeiten wie „Frau mit Maske“, „Straße in Rottluff“ und „Badende“ sowie – neben Gemälden – Holzskulpturen von Kirchner. Die Sammlung zeigt zudem weitere wichtige Vertreter der Avantgarde wie Emil Nolde und Otto Müller, die sich der Künstlergruppe Brücke später anschlossen, sowie Oskar Kokoschka, Paula Modersohn-Becker und Ernst Barlach.

Lesetipp: Die Publikation „Die Brücke in der Dresdner Galerie“ (Sandstein Verlag, 8 €) gibt einen fundierten Überblick zur Sammlung.

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