Seit rund 100 Jahren wird am Pillnitzer Julius-Kühn-Institut an neuen Apfelsorten geforscht. Foto: Moritz Tripp
Der Deutschen liebstes Obst soll nachhaltiger, schmackhafter und widerstandsfähig werden. Am Julius Kühn-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, arbeitet Dr. Andreas Peil in Pillnitz an der Zukunft des Apfels.
Mit einem routinierten Schnitt bricht Dr. Andreas Peil die Schale von „Pia 41“ auf, kostet den Apfelschnitz und nickt zufrieden. Der drahtige Nordrhein-Westfale steht umringt von Apfelbaumkulturen auf einem Versuchsfeld des Julius Kühn-Instituts (JKI) in unmittelbarer Nachbarschaft vom Schloss Pillnitz. Der Apfel, den er da gerade probiert hat, hat ihn sein halbes Forscherleben lang begleitet. Besonders „Pia 41“. Denn das ist nicht irgendein Apfel. Es ist die Frucht jahrzehntelanger Arbeit.
2003 hat Peil die Kreuzung gemacht, seit Ende 2022 hat „Pia 41“ Sortenschutz. Was die neue Sorte so besonders macht, sind nicht nur ihre grüne Farbe, das knackige Fruchtfleisch und das süße, intensive Aroma. „Pia 41“ ist auch besonders lagerfähig und – am wichtigsten – sehr widerstandsfähig gegen Apfelschorf. Die Pilzkrankheit ist, neben Mehltau und Feuerbrand, ein Schreckgespenst für Obstbauern, ihre Bekämpfung unter widrigen Umständen sogar unmöglich. Was die Bakteriose Feuerbrand angeht, sind die Dresdner selbst leidgeprüft: 2003, ein Jahr nach dem Jahrhunderthochwasser, wurden die Kernobstbestände des Instituts befallen. Am Ende musste sogar das ganze Birnensortiment vernichtet werden.
Gut Apfel will Weile haben
„Nachhaltigkeit in der Obstzucht bedeutet vor allem Widerstandsfähigkeit“, sagt Peil. Um die zu steigern, pflanzen die Forscher aus Pillnitz in guten Jahren bis zu 3.000 Bäume auf den Versuchsfeldern. Das Verfahren, das sie anwenden, heißt Kombinationszüchtung. Dabei werden die besten Eigenschaften der Muttersorte mit den besten Eigenschaften der Vatersorte vereint. „Dafür gehen wir, wenn die Äpfel anfangen zu blühen, ins Versuchsfeld und tüten die Äste mit den noch geschlossenen Blüten ein, um eine Befruchtung durch Bienen zu verhindern.“ Die erledigt Peil mit einem Pinsel, mit welchem er die Pollen der Vatersorte aufbringt.
Danach wird alles wieder eingetütet und gewartet. Anschließend werden die Äpfel geerntet und die Kerne für drei Monate in feuchtem Sand in den Kühlschrank verfrachtet. Nach der Aussaat im Januar werden die Pflänzchen Schorfsporen ausgesetzt. Die Kulturen, die dem Befall widerstehen, kommen in die nächste Runde, genauer ins Gewächshaus, wo sie innerhalb eines Jahres auf bis zu 2,50 Meter hoch gezogen werden. Nach einem Jahr wird die Spitze abgeschnitten, auf eine Unterlage gepfropft und in der Baumschule gepflanzt. Nach zwei Jahren geht es für die Kultur ins Versuchsfeld und wiederum nach ein bis zwei Jahren ist mit den ersten gezüchteten Früchten zu rechnen.
Mit der reinen Apfelkernaussaat ist es natürlich nicht getan. Die Forscher setzen moderne DNA-Analysen ein, um Resistenzgene gegen Pilzbefall nicht nur zu identifizieren, sondern auch um Marker zu entwickeln, damit man sie überhaupt finden kann. „Ziel ist es, mehrere Resistenzgene in eine Sorte einzubringen, um Krankheitsdurchbrüche unwahrscheinlicher zu machen“, erklärt Peil. „Die Kernobstzucht folgt einer akribischen Systematik – in der Hoffnung, dass am Ende eine multiresistente Sorte mit hervorragenden Geschmacks- und Qualitätseigenschaften herauskommt.“
Der Klimawandel stellt die Apfelzucht vor neue Herausforderungen
Um Kernobst widerstandsfähig gegen den Klimawandel zu machen, versuchen Peil und sein Team gerade herauszufinden, inwieweit sich der Blühzeitpunkt verschieben lässt. Denn Blüten von Obstbäumen, die zu früh blühen, können dem Spätfrost zum Opfer fallen. „Der Prozess ist langwierig und wir sind immer noch dabei, neue Merkmale im Genom des Apfels zu identifizieren, das macht die Kernobstzucht auch so spannend“, findet Peil.
Apfeltag 2023 in Pillnitz
Die Ergebnisse ihrer Arbeit zeigen die Forscherinnen und Forscher am 7. Oktober 2023. Bei der Sortenschau können Gäste traditionelle Sorten probieren und natürlich die Äpfel und Birnen, die das JKI entwickelt hat. Darunter auch die erfolgreichste Sorte der Sachsen: „Pinova“. Hobbygärtner können zum Thema Pflanzenschutz um Rat fragen, Pomologen bestimmen die Sorten aus dem eigenen Garten und Dr. Andreas Peil führt über die Versuchsfelder. Und wer es im Oktober nicht nach Pillnitz schafft, aber „Pia 41“ mal probieren möchte, wird im Hofladen von Bioobst Görnitz in Coswig fündig.
Der Deutschen liebstes Obst soll nachhaltiger, schmackhafter und widerstandsfähig werden. Am Julius Kühn-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, arbeitet Dr. Andreas Peil in Pillnitz an der Zukunft des Apfels.
Mit einem routinierten Schnitt bricht Dr. Andreas Peil die Schale von „Pia 41“ auf, kostet den Apfelschnitz und nickt zufrieden. Der drahtige Nordrhein-Westfale steht umringt von Apfelbaumkulturen auf einem Versuchsfeld des Julius Kühn-Instituts (JKI) in unmittelbarer Nachbarschaft vom Schloss Pillnitz. Der Apfel, den er da gerade probiert hat, hat ihn sein halbes Forscherleben lang begleitet. Besonders „Pia 41“. Denn das ist nicht irgendein Apfel. Es ist die Frucht jahrzehntelanger Arbeit.
2003 hat Peil die Kreuzung gemacht, seit Ende 2022 hat „Pia 41“ Sortenschutz. Was die neue Sorte so besonders macht, sind nicht nur ihre grüne Farbe, das knackige Fruchtfleisch und das süße, intensive Aroma. „Pia 41“ ist auch besonders lagerfähig und – am wichtigsten – sehr widerstandsfähig gegen Apfelschorf. Die Pilzkrankheit ist, neben Mehltau und Feuerbrand, ein Schreckgespenst für Obstbauern, ihre Bekämpfung unter widrigen Umständen sogar unmöglich. Was die Bakteriose Feuerbrand angeht, sind die Dresdner selbst leidgeprüft: 2003, ein Jahr nach dem Jahrhunderthochwasser, wurden die Kernobstbestände des Instituts befallen. Am Ende musste sogar das ganze Birnensortiment vernichtet werden.
Gut Apfel will Weile haben
„Nachhaltigkeit in der Obstzucht bedeutet vor allem Widerstandsfähigkeit“, sagt Peil. Um die zu steigern, pflanzen die Forscher aus Pillnitz in guten Jahren bis zu 3.000 Bäume auf den Versuchsfeldern. Das Verfahren, das sie anwenden, heißt Kombinationszüchtung. Dabei werden die besten Eigenschaften der Muttersorte mit den besten Eigenschaften der Vatersorte vereint. „Dafür gehen wir, wenn die Äpfel anfangen zu blühen, ins Versuchsfeld und tüten die Äste mit den noch geschlossenen Blüten ein, um eine Befruchtung durch Bienen zu verhindern.“ Die erledigt Peil mit einem Pinsel, mit welchem er die Pollen der Vatersorte aufbringt.
Danach wird alles wieder eingetütet und gewartet. Anschließend werden die Äpfel geerntet und die Kerne für drei Monate in feuchtem Sand in den Kühlschrank verfrachtet. Nach der Aussaat im Januar werden die Pflänzchen Schorfsporen ausgesetzt. Die Kulturen, die dem Befall widerstehen, kommen in die nächste Runde, genauer ins Gewächshaus, wo sie innerhalb eines Jahres auf bis zu 2,50 Meter hoch gezogen werden. Nach einem Jahr wird die Spitze abgeschnitten, auf eine Unterlage gepfropft und in der Baumschule gepflanzt. Nach zwei Jahren geht es für die Kultur ins Versuchsfeld und wiederum nach ein bis zwei Jahren ist mit den ersten gezüchteten Früchten zu rechnen.
Mit der reinen Apfelkernaussaat ist es natürlich nicht getan. Die Forscher setzen moderne DNA-Analysen ein, um Resistenzgene gegen Pilzbefall nicht nur zu identifizieren, sondern auch um Marker zu entwickeln, damit man sie überhaupt finden kann. „Ziel ist es, mehrere Resistenzgene in eine Sorte einzubringen, um Krankheitsdurchbrüche unwahrscheinlicher zu machen“, erklärt Peil. „Die Kernobstzucht folgt einer akribischen Systematik – in der Hoffnung, dass am Ende eine multiresistente Sorte mit hervorragenden Geschmacks- und Qualitätseigenschaften herauskommt.“
Der Klimawandel stellt die Apfelzucht vor neue Herausforderungen
Um Kernobst widerstandsfähig gegen den Klimawandel zu machen, versuchen Peil und sein Team gerade herauszufinden, inwieweit sich der Blühzeitpunkt verschieben lässt. Denn Blüten von Obstbäumen, die zu früh blühen, können dem Spätfrost zum Opfer fallen. „Der Prozess ist langwierig und wir sind immer noch dabei, neue Merkmale im Genom des Apfels zu identifizieren, das macht die Kernobstzucht auch so spannend“, findet Peil.
Apfeltag 2023 in Pillnitz
Die Ergebnisse ihrer Arbeit zeigen die Forscherinnen und Forscher am 7. Oktober 2023. Bei der Sortenschau können Gäste traditionelle Sorten probieren und natürlich die Äpfel und Birnen, die das JKI entwickelt hat. Darunter auch die erfolgreichste Sorte der Sachsen: „Pinova“. Hobbygärtner können zum Thema Pflanzenschutz um Rat fragen, Pomologen bestimmen die Sorten aus dem eigenen Garten und Dr. Andreas Peil führt über die Versuchsfelder. Und wer es im Oktober nicht nach Pillnitz schafft, aber „Pia 41“ mal probieren möchte, wird im Hofladen von Bioobst Görnitz in Coswig fündig.