Neue Heimat: Elbflorenz

Bloggerpaar tauscht Nomadenleben gegen Dresden

Neue Heimat Dresden
© Cory Varga - https://www.youcouldtravel.com/

Die britischen Blogger Coralia und Gergely Varga (kurz Cory & G) haben schon die ganze Welt gesehen. Mehr als 40 Länder hat das Ehepaar bereist. Doch Wurzeln geschlagen haben sie in Dresden. Was macht den Geburtsort Augusts des Starken für sie zur neuen Heimat?

Im Juli 2018 kamen mein Mann und ich zum ersten Mal nach Dresden. Bis zum Sonnenuntergang war noch etwas Zeit, also packten wir unsere Kameras aus und fingen das goldene Abendlicht ein. Und während wir die Stadt in Bildern festhielten, begann Dresden, uns zu fesseln. Wir saßen am gegenüberliegenden Ufer der Brühlschen Terrasse, und die Barockarchitektur der Altstadt betörte uns mit einem sanften Schimmer, wie wir ihn noch nie zuvor gesehen hatten. Wie in einem alten Gemälde von Bellotto fühlten wir uns auf magische Weise von Dresden angezogen. Wir spürten: Diese Verbindung ist eine besondere.

Neue Heimat Dresden
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Die Dresdner Altstadt bündelt alles, was sich kultur- und geschichtsinteressierte Geister wünschen. Das Wort „Eleganz“ trifft die majestätische Erscheinung wohl am besten, verkörpert in prachtvoll restaurierten Wahrzeichen wie dem Dresdner Schloss, dem Zwinger, der reich geschmückten Frauenkirche und der opulenten Semperoper.

Doch unsere Faszination beschränkte sich nicht nur auf das alte Herz der Stadt mit den akkurat gepflasterten Straßen, den charmanten Boutiquen und den romantischen Cafés. Auch die Neustadt zog uns in ihren Bann. Überquert man die sandsteinerne Augustusbrücke, verändert sich das Bild. Prächtige Bauwerke und imposante Sehenswürdigkeiten auf der einen Seite, ein hippes Szeneviertel auf der anderen. Graffiti an den Wänden, experimentelle Kunst, wohin man schaut. Fast ein bisschen wie Berlin. Wie ein Chamäleon befeuert Dresden die Vorstellungskraft mit immer neuen Gesichtern – eins für jede Persönlichkeit, die in dir steckt.

Damit macht Dresden nicht nur Mut, die eigene Individualität auszuleben. Die Stadt zeigt, dass man auch selbst ganz verschiedene Gesichter haben kann – je nachdem, in welchem Teil der Stadt man sich gerade befindet. So trinkt das elegante Ich gediegen einen Kaffee in einem noblen Restaurant am Residenzschloss. Der verkappte Künstler in dir schlürft lieber bunte Cocktails in der Neustadt. Dein Wander-Ich streift stundenlang durch die Wälder der Dresdner Heide, und der Weltenbummler in dir schnuppert internationales Flair in der Louisenstraße, wo Restaurants aus aller Herren Länder ein kosmopolitisches Duftgewirr verströmen.

Die britischen Blogger Cory & G. über ihre neue Heimat.

Dresden ist der verborgene Schatz Europas, den wir anderen zeigen und doch gleichzeitig für uns behalten wollen.

Bei einem nostalgieschwangeren Spaziergang an der Elbe entdeckten wir einen der schönsten Orte, denen wir auf all unseren Reisen begegnet sind: Loschwitz. Eingebettet zwischen der reizvollen Dresdner Heide und dem Blauen Wunder verzaubert das Viertel mit betörenden Ausblicken über die Stadt. Wie ein kleines Künstlerdorf lockt Loschwitz mit beschaulichen Gassen und bunten Boutiquen. Herrliche Villen mit verspielten Gärten, reich verzierten Hauseingängen und dekorativem Fachwerk entführen in eine märchenhafte Welt. Von diesem Moment an wussten wir, dass wir uns eines Tages hier niederlassen würden – und dass Dresden unser Zuhause wird.

© Cory Varga – https://www.youcouldtravel.com/
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Ich (Cory, 30) hätte mir nie träumen lassen, was für ein verrücktes Abenteuer mein Leben werden sollte. Seit 2008 studierte ich an der Universität in Manchester Jura und Kriminologie. Nach meinem Abschluss zog es mich jedoch in Richtung Technik. Für einen Job bei Apple ging ich nach Bristol und lernte in meiner Freizeit, wie man Websites gestaltet. In Bristol lernte ich G (37) kennen, meinen späteren Ehemann, der damals Informatik an der dortigen Uni studierte.

Wir beide sind wie füreinander geschaffen. Reisen und Technik sind unsere Leidenschaft. Und so haben wir auch nicht lange gebraucht, um einen Weg zu finden, wie wir die Welt bereisen und trotzdem beruflich erfolgreich sein können: Wir nehmen unsere Arbeit einfach mit. Wir gründeten unsere Digitalagentur 42droids mit mir als Webdesignerin und meinem Mann als Softwareentwickler. Mit Kunden aus aller Welt wollten wir ortsunabhängig arbeiten – und es funktionierte. Das Geld, was wir dabei verdienten, floss in unsere Reisekasse.

Wir erlebten Abenteuer rund um den Globus – und schon bald war klar, dass wir zusammen sein und einfach nur reisen wollten. Wir wurden süchtig nach neuen Ländern, neuen kulinarischen Genüssen, neuen Kulturen.

2015 reisten wir nach Japan – ein Wendepunkt in unserem Leben. Nach unserer Rückkehr gingen wir mit unserem Reise-Blog You Could Travel an den Start. Der preisgekrönte Blog ist heute ein erfolgreiches Geschäftsmodell, das es uns ermöglicht, mit unseren Reisen Geld zu verdienen. Und noch ein zweites Ereignis prägte auf dieser Japanreise unseren Weg: Auf dem Gipfel des Hiei-zan bei Kyoto verlobten wir uns. Wir heirateten im September 2016, unsere Hochzeitsreise verbrachten wir auf den Seychellen. Wieder zurück in England wurde uns klar: Irgendwie macht uns das Leben hier keinen Spaß mehr. Wir gingen lange in uns – und dann beschlossen wir 2016: Wir verlängern unsere Flitterwochen. Auf unbestimmte Zeit. Also haben wir kurzerhand alles verkauft und stürzten uns in ein neues Abenteuer: Wir wurden digitale Nomaden auf einem endlosen Roadtrip, auf der Suche nach einem Ort, den wir Zuhause nennen konnten. Seitdem lebten wir in Spanien, Portugal, Japan, Ungarn …

Natürlich lief nicht immer alles glatt. Doch ohne all die Pleiten, Pech und Pannen hätten wir rückblickend nicht so viel zu lachen über all die verrückten Sachen, die wir auf unseren Reisen erlebt haben. Es stimmt, wenn es heißt: „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker“ – und irgendwie ist es auch lustig.

Das gemeinsame Reisen hat unsere Beziehung gefestigt und uns vor allem eins gelehrt: Geduld.

© https://www.youcouldtravel.com/

Nachdem wir vier Jahre lang aus dem Koffer gelebt hatten – ein paar Monate hier, ein paar Monate da –, merkten wir: Wir vermissen unsere eigene Küche. Ein richtiges Büro. Und einen Ort, wo wir unsere Habseligkeiten ordentlich unterbringen können. Unser Blog You Could Travel war bestens aufgestellt, mehrere Mitarbeiter rund um den Globus unterstützten uns bei unserer Arbeit.

Und dann, 2019, ging uns die Idee, wieder sesshaft zu werden, nicht mehr aus dem Kopf. Nur wo? Es gab so viele Orte auf dieser Welt, wo wir uns wohlgefühlt hatten – doch Dresden hatten wir am meisten ins Herz geschlossen. Und so führte uns dieses Feuer, das Dresden in unseren Seelen entfacht hatte, zurück nach Elbflorenz.

Das Dresdner Elbland ist eine der romantischsten Gegenden in Deutschland. Die Kombination aus landschaftlicher Schönheit, wertvollen Kulturschätzen und vielen kleinen Abenteuern, die man hier erleben kann, ist einfach einmalig. Hier wollten wir hin.

Und so beschlossen wir aus dem Bauch heraus: Wir ziehen nach Dresden und schauen, wie es läuft. Nun hieß es, zunächst eine Wohnung irgendwo im Osten der Stadt zu finden – möglichst in der Nähe von Loschwitz. Der Wald sollte nicht zu weit weg sein, so dass wir jeden Tag wandern gehen konnten, und auch das Stadtzentrum mit seinem reichen Angebot an Kunst, Kultur und gutem Essen sollte mit der Straßenbahn leicht zu erreichen sein.

Das Glück stand auf unserer Seite: Wir fanden eine tolle Wohnung in einer ruhigen Straße am Weißen Hirsch. Hier fühlen wir uns rundum wohl, die Leute sind nett, wir wurden super freundlich aufgenommen. Die Nachbarn sind gut drauf, wir haben jede Menge Spaß zusammen. Wir sind wie eine Familie, bei der alle im selben Haus wohnen. Beide Nachbarn haben mehrere Jahre im Ausland gelebt und sprechen sehr gut Englisch – das kommt uns zugute. Wir versuchen natürlich auch Deutsch zu lernen. Das ist zwar nicht ganz einfach, aber es macht Spaß, eine neue Sprache in sein Leben zu lassen. Und schließlich wollen wir ja hierbleiben. Wir sind so dankbar, dass wir hier neue Freunde gefunden haben, die uns das Gefühl geben, endlich zuhause angekommen zu sein – so intensiv, wie wir es bisher noch nie erlebt haben. Wer hätte gedacht, dass es nach 45 Ländern ausgerechnet Dresden schafft, für immer unser Herz zu erobern!

Natürlich werden wir weiterhin auf der Suche nach Abenteuern die Welt bereisen. Wir werden viel öfter unterwegs sein als zu Hause. Aber noch nie zuvor hat es sich so schön angefühlt, nach Hause zurückzukehren – in eine Stadt, die uns beiden ans Herz gewachsen ist. Es macht uns wahnsinnig stolz zu sagen: Dresden ist unsere Heimat.

Über die Gastautoren…

Cory ist britische Staatsbürgerin und wurde in Rumänien geboren. Bei You Could Travel ist sie für das Schreiben und Fotografieren zuständig. Auf ihrem Kanal Yuzu Bakes postet die begeisterte Hobbyköchin tolle Rezepte. Ihr Mann G ist gebürtiger Ungar und hat ebenfalls die britische Staatsbürgerschaft. Er ist das technische Mastermind hinter ihren Seiten. Momentan bringt er gerade das neue Reporting-Tool Yuzu Metrix an den Start. Wenn das Unternehmerehepaar nicht gerade an einem seiner vielen Projekte arbeitet, reisen Cory & G gemeinsam durch Europa oder erobern einsame Gegenden rund um den Globus. Ihr Traum ist eine Reise in die Antarktis.

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