Meißen ahoi!

Mit dem Dampfer von Dresden nach Meißen

Eine Fahrt mit dem Schaufelraddampfer hat in Dresden Tradition. Fünf Umland-Routen führen elbaufwärts Richtung Elbsandsteingebirge. Nur eine bringt Gäste elbabwärts, durch die Dresdner Stadtteile hinein ins weite Elbtal mit seinen Weinbergen, Flussauen und alten Dorfkernen. Holger Rolle, Schiffsführer der „Stadt Wehlen“, kennt die Strecke über Radebeul nach Meißen wie kein anderer.

Majestätisch liegen die historischen Schaufelraddampfer an diesem strahlend sonnigen Morgen an den Elbanlegern 1 bis 7 am Dresdner Terrassenufer. Kurz nach 9 Uhr herrscht Aufbruchsstimmung, denn bald heißt es „Leinen los“. Die “Stadt Wehlen”, das älteste Schiff der Flotte, legt 9.45 Uhr ab. Anders als ihre Schwesternschiffe fährt sie nicht nach Süden, sondern elbabwärts die Sächsische Weinstraße entlang in die Wiege Sachsens nach Meißen und weiter nach Diesbar-Seußlitz, dem nördlichsten Ziel der ältesten Raddampferflotte der Welt.  

„Die Weinstraße hat einen besonderem Charme.“

„Die Stadt Wehlen fährt oft hier runter, aber auch viel bis Bad Schandau und zurück“, erzählt Holger Rolle. Wer so viel Zeit auf dem Fluss verbringt, denkt nicht in Himmels- sondern in Fließrichtungen. Seit 1988 ist er bei der Elbflotte und hat sich über viele Jahre zum Schiffsführer hochgearbeitet. 2017 übernahm er das Steuer der „Stadt Wehlen“, seitdem sind die beiden unzertrennlich.  

Er mag alle Strecken, die nördliche Route ist ihm aber die liebste. „Sie hat einen besonderen Charme. Die Landschaft ist weitläufiger, man schaut in die Ferne. Und ja, die romantischen Weindörfer, die findet man hier.“ Es gibt noch einen Grund: „Die Weinstraße entschleunigt. Weil sie nur wenige Stationen hat, damit wenig Fahrgastwechsel, kommen die Leute zur Ruhe. Die Atmosphäre ist entspannt, fast familiär.“  

Auf dem Schaufelraddampfer „Stadt Wehlen“

Holger Rolle und die Besatzung tragen das Ihrige dazu bei. Seit gut zwei Stunden sind sie an Bord, um „klar Schiff“ zu machen. Deck schrubben, Messing polieren, Tische und Bänke abwischen – das gehört dazu. „Wir sind für den gesamten Außenbereich zuständig.“ Der Maschinist hat sein eigenes Reich. Er kümmert sich um die uralte Dampfmaschine – eine messingfarbene Schönheit von 1857, sogar noch älter als das 1879 gebaute Schiff.  

Vor der Abfahrt macht er ihr ordentlich Dampf, während der Bootsmann die Passagiere begrüßt. Ihnen bleibt noch genug Zeit, um es sich auf einem der drei Decks oder im Salon gemütlich zu machen, dann verabschiedet sich die „Stadt Wehlen“ mit einem lauten Tuten.

Mit dem Dampfer unterwegs von Dresden nach Meißen

1. Alt- und Neustadt 

Ein kurzes Wendemanöver, dann tuckert der Raddampfer gemächlich an den berühmten Barockbauten der Dresdner Altstadt vorbei. Der spektakuläre Anblick wird kurz unterbrochen: die erste Brückendurchfahrt durch die Augustusbrücke. Am Neustädter Königsufer drehen Jogger und Radfahrer ihre Morgenrunde, dahinter blitzt der Goldene Reiter auf. Noch menschenleer liegt das Japanische Palais mit seinem berühmten Garten am rechten Ufer, dann verschwinden wir unter der Marienbrücke. 

2. Hafencity in der Leipziger Vorstadt 

Wiederaufgetaucht, kommt die nagelneue Promenade der Hafencity in Sicht. Das ehemalige Industriegebiet in der Leipziger Vorstadt träumte lange vor sich hin, bevor hier in den letzten Jahren ein neuer Dresdner Hotspot mit Wohnhäusern, Hotel und dem Projekt „Marina Garden“ entstand. Vom Stadtteil Friedrichstadt herüber grüßt die Kuppel der Yenidze über die Spiel-und Sportflächen des Ostraparks. 

3. Pieschen und Übigau 

Im Stadtteil Pieschen fällt das Ball- & Brauhaus Watzke ins Auge. Mit seinem lauschigen Biergarten und prächtigen Ballsaal im Obergeschoß ist es seit 126 Jahren eine Dresdner Institution. Zurückblickend hat man hier einen fernen Canaletto-Blick auf die Altstadt. Vor uns liegt das kleine Übigau mit seinem verwunschenen Schloss und eisernem Drehkran, ein technisches Denkmal. Gegenüber an den Elbauen steht eine Kuhherde auf der Suche nach Abkühlung knietief im Wasser.   

4. Briesnitz  

Weit öffnet sich das Elbtal vor uns, die Stadtgrenze ist fast erreicht. Links taucht eine Spitze im Grün auf, die nun Form annimmt: Die Briesnitzer Kirche. Schon Künstler wie Caspar David Friedrich haben sie gemalt, 2023 feierte sie ihr 750-jähriges Bestehen. Romantisch ist auch der Zschonergrund, der in Briesnitz endet: ein verwunschenes Tal mit Bach, Mühle und Naturschwimmbad, Landschaftsschutz- und Wandergebiet.  

5. Gohlis 

Der Elberadweg begleitet uns schon seit dem Start. Direkt am Weg und am Flussufer liegt die historische Gohliser Windmühle, Ausflugsort und Rastplatz, Kaffee- und Biergarten sowie Mühlenmuseum. Auf der anderen Elbseite hat man einen herrlichen Blick auf die ersten Weinberge von Radebeul mit Spitzhaus und Bismarckturm.  

6. Station Radebeul/Kötzschenbroda 

Villen, Gärten und Weinberge, gekrönt von Winzerhäuschen und historischen Weingütern: Rechts von uns erstreckt sich eine malerische Kulturlandschaft. Als „Historische Weinberglandschaft Radebeul“ ist sie denkmalgeschützt. Gut zu erkennen ist ihr Wahrzeichen, das 1622 erbaute Spitzhaus gleich neben dem Bismarckturm. Ein Stück weiter grüßt das Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth von den sonnenverwöhnten Hängen. Viele Wanderwege mit idyllischen Sitzgelegenheiten durchziehen das Gebiet. „Wenn man da eine Flasche Wein mitnimmt und Gläser: Es gibt nichts Schöneres“, schwärmt Holger Rolle. „Natürlich ist es bis dahin ein Stück zu laufen.“ Der sehr schön restaurierte Dorfkern von Kötzschenbroda liegt dafür gleich an der Anlegestation. „Urgemütlich und unbedingt sehenswert“, findet Holger Rolle. „Einen Abstecher wert ist die Friedenskirche, wo der Friedensvertrag vom 30jährigen Krieg unterschrieben wurde. Auch das Karl-May-Museum lohnt sich.“  

7. Boselspitze und linkselbische Täler  

Die Weinbergterrassen am rechten Ufer weichen einer Felsformation: Die Boselspitze bei Sörnewitz, die zweithöchste Erhebung im Spaargebirge, beliebter Aussichtspunkt und Botanischer Garten. Die linke Elbseite ist Landschaftsschutzgebiet, gesäumt von stillen Tälern wie dem Eichhörnchengrund mit der kleinsten begehbaren Mühle der Welt oder dem Saubachtal, das ein Stück des Sächsischen Jakobswegs entlangführt. 

8. Station Meißen 

Eine letzte Elbwindung, dann kommt die Bilderbuch-Silhouette Meißens in Sicht. Auf ihrem Felsen hoch über der Elbe thronen Albrechtsburg, Dom und Bischofsschloss. Zusammen mit der historischen Altstadt zu ihren Füßen bilden sie ein intaktes Ensemble, eine wahre Schatzgrube an Geschichte und sächsischer Lebenskultur. Holger Rolle weiß, was man unbedingt gesehen haben muss und in welchem Weinlokal die Aussicht am schönsten ist und gibt Tipps. Doch zunächst muss er den Schornstein nach unten kurbeln, denn gleich legt die Stadt Wehlen unterhalb der imposante Burganlage an. In drei Stunden ist sie mit Kurs auf Dresden zurück.  

Meißen erkunden: Tipps für 3 Stunden 

  • Albrechtsburg: Deutschlands ältestes Schloss, erbaut im späten 15. Jahrhundert, ist aufgrund seiner herausragenden Architektur und einmaligen Lage über Stadt und Elbe auch eines der schönsten. Das ehemalige Residenzschloss der Wettiner ist heute ein sehenswertes Museum.    
  • Dom zu Meißen: Direkt neben der Albrechtsburg gelegen, ist der Meißner Dom mit seiner vorgelagerten Fürstenkapelle ein Meisterwerk der Gotik. In seinem Inneren finden sich Spuren von Cranach, Dürer und dem Naumburger Meister an den kunstvollen Grabmalen der Wettiner. 
  • Spaziergang durch die Altstadt: Vom Burgberg kommend, landet man direkt in der historischen Altstadt mit ihren romantischen Straßen, Gassen und Plätzen sowie zahlreichen Bürgerhäusern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert. In den vergangenen Jahrzehnten wurde sie komplett restauriert. 
  • Frauenkirche und Porzellanglockenspiel: Auf dem Marktplatz der Altstadt steht die Frauenkirche, die für ihr Porzellanglockenspiel berühmt ist. Seit 1929 erklingen hier mehrmals täglich Melodien, gespielt auf Glocken aus Meissener Porzellan – ein einzigartiges Klangspiel. 
  • Porzellan-Manufaktur Meissen: Seit der Gründung der ersten europäischen Manufaktur im Jahre 1710 wird das „Meissener“ wertgeschätzt. Die Porzellan-Ausstellung von 1710 bis heute in der historischer Schlossmanufaktur zeugt von der langen Geschichte des weißen Goldes in Meißen. 
  • Eierschecke und Wein: Ein anderes „Gold“ stammt von den Elbhängen und gibt jedes Jahr neue Ernte: der Meißner Wein. Überall finden sich gemütliche Restaurants und Weinstuben, um ihn zu probieren. Die schönste Aussicht hat man am Hang des Burgbergs, im Domkeller oder im Café am Dom. Nicht minder berühmt ist die sächsische Eierschecke, die man mit einem Kaffee am besten in der Konditorei Zieger mitten in der Altstadt genießt.  

Linie L 21 – Sächsische Weinstraße:

  • von März bis Oktober täglich 9.45 Uhr ab dem Dresdner Terassenufer
  • 12 Uhr Ankunft in Meißen
  • vom 2. Mai bis 3. Oktober (Sommerfahrplan) Weiterfahrt zu den nördlichsten Zielen der Flotte nach Diesbar und Seußlitz, im März/April und Oktober nur bis Meißen
  • 15 Uhr Rückfahrt von Meißen nach Dresden laut Sommerfahrplan, 18.15 Uhr in Dresden
  • Alternativ verkehrt die S-Bahn im Stundentakt.
  • Die gut zweistündige Fahrt nach Meißen kostet 20 Euro, es gibt zahlreiche Ermäßigungen.
  • Mehr Informationen zur Sächsische Weinstraße sowie die Online-Buchung von Tickets findet ihr auf der Seite der Sächsischen Dampfschiffahrt.

Lesen Sie auch …