Kulinarische Geheimtipps in der Neustadt

Julius Erler

Die Dresdner Neustadt wandelt sich zum kulinarischen Abenteuerspielplatz. Und die Wahldresdnerin Leni Diener kennt seine interessantesten Ecken. Ein Rundgang durch ein lebensfrohes Viertel

Bevor sie damit begann, hauptberuflich Stullen zu schmieren, studierte Luisa Dlugay Kommunikationsdesign. Das Thema ihrer Abschlussarbeit: Wie könnte man das gute, altmodische belegte Brot als gesundes Fast Food etablieren?

Doch als sie ihren Studienabschluss in der Tasche hatte, suchte sie sich im Gegensatz zu ihren Kommilitonen dann doch keinen Job in einer Werbeagentur: „Ich hatte die Idee so lange theoretisch durchgesponnen, ich musste sie auch selbst umsetzen.“

Das Ergebnis dieser biografischen Entscheidung findet man nun in der Dresdner Neustadt. Im Stullenbüro serviert die Endzwanzigerin nun ihre Vorstellung von Fast Food: fantasievolle Brotaufstriche auf Sauerteigbrot vom Bäcker nebenan. Die sind aus Radieschen und Fenchel, aus Pfifferlingen und Frischkäse oder auch aus etwas vollkommen anderem.

Die Karte wechselt täglich, sicher ist nur: Drei verschiedene Aufstriche stehen zur Wahl und die sind frisch, vegetarisch und ziemlich köstlich.

Essen kann man die liebevoll zubereiteten Stullen entweder gleich an den Holztischen im „Stullenbüro“, oder man nimmt sie mit, eingeschlagen in klassisches Butterbrotpapier. © Julius Erler

Immer neue Geheimtipps

Das Stullenbüro ist einer jener Geheimtipps, die Leni Diener auf ihren kulinarischen Stadtrundgängen durch die Dresdner Neustadt ansteuert. Von denen gibt es sehr viel mehr, als man erwarten würde. Denn das Klischee bescheinigte dem Szeneviertel nördlich der Elbe bisher, vor allem laut und lebendig zu sein. Nun aber zieht die Neustadt auch zunehmend Liebhaber der gepflegten Esskultur an.

Und tatsächlich: Riskiert man bloß einen oberflächlichen Blick, stößt man zwar erst einmal auf billige Pizza-Imbisse und Schnellrestaurants. Aber eben nicht nur, es tut sich was in der Neustadt: „Dresden kommt“, sagt Dlugay, „hier in Dresden braucht eben alles immer etwas Zeit.“

Das kann Leni Diener nur bestätigen. Seit sechs Jahren führt die studierte Ethnologin nun schon Neugierige durch die Neustadt, lässt sie im Gewürzatelier Zaffaran Gewürzmischungen probieren, im Sprout Food verteufelt guten Linsensalat verkosten oder bei Zarewna handgemachte Pelmeni und Blini essen, begleitet von einem sündhaft süßen, aber auch einzigartig leckeren Kakao.

Das Sprout Food verbindet den Charakter eines Fast-Food-Restaurants mit einem hohen Anspruch an gesunde Lebensmittel. © Sprout Food

Vor allem aber landet man bei ihren Rundgängen immer wieder in Ecken, die man der immer noch leicht verrufenen Neustadt nicht zugetraut hätte. Grüne Oasen, stille Hinterhöfe, idyllische Gärten, die so gar nicht den über die Neustadt grassierenden Klischees entsprechen wollen, die für gestandene Dresdner früher als „Bronx“ der sächsischen Landeshauptstadt galt.

Dresdens sinnliche Beziehung zur Schokolade

In einer dieser versteckten Hinterhof-Oasen stößt man unter der fachkundigen Führung von Diener auf das Gebäude, in dem einst die Schokoladenfabrik Jordan & Timaeus residierte. Hier wurde im Jahr 1839 die Milchschokolade erfunden, heute erinnern nur noch die Namen der anliegenden Timaeus- und Jordanstraße an dieses Kapitel der kulinarischen Vergangenheit Dresdens.

Dabei pflegt die sächsische Metropole doch bis heute eine sehr sinnliche Beziehung zur Schokolade. Denn selbst Dresdner, die die Süßigkeit nicht mögen, lieben „Das Wiener Schokoladenmädchen“ des Schweizer Malers Jean-Étienne Liotard, das seit 1855 in der Gemäldegalerie im Zwinger ausgestellt ist.

Jean-Etienne Liotard: „Das Schokoladenmädchen“ (DetaiI) © Gemäldegalerie Alte Meister, SKD

Stadtführung

Leni Diener führt nicht nur tagsüber durch die Dresdner Neustadt, sondern lädt auch abends zum „Walking Dinner“ – und bietet unter Tasty Dresden viele weitere Touren an.

Adressen

Stullenbüro
Görlitzer Straße 37, 01099 Dresden, Mo–Fr 8–18, Sa 10–18 h

Sprout Food
Rothenburger Straße 12, 01099 Dresden, Mo–Sa 11–21 h

Gewürzatelier Zaffaran
Martin-Luther-Straße 20, 01099 Dresden, Di–Fr 11–18, Sa 10–14 h

Zarewna
Alaunstraße 68, 01099 Dresden, Mo 11–19, Di–Sa 11–20 h, Mi Ruhetag

Sonderausstellung

„Das schönste Pastell, das man je gesehen hat.“ Das Schokoladenmädchen von Jean-Étienne Liotard in der Dresdener Gemäldegalerie“ – so lautet der Titel der Sonderausstellung, die vom 28.9.2018 bis zum 6.1.2019 in der Galerie Alte Meister im Zwinger zu sehen ist. Nähere Informationen unter www.skd.museum.

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