Katja Erfurth: Tanz als lebendiges Gedächtnis

Porträt Katja Erfurth
Die Tänzerin und Choreografin Katja Erfurth führt bei der dritten Episode von „da I sein – STADT.GESCHICHTE.TANZ.“ durch Hellerau. Foto: Volker Metzler

Zur dritten Episode ihrer Reihe „da I sein – STADT.GESCHICHTE.TANZ.“ lädt die Tänzerin und Choreografin Katja Erfurth in die legendäre Gartenstadt Hellerau ein. Was als künstlerischer Spaziergang beginnt, wird zu einer intensiven Begegnung mit einem Ort, der vor über 100 Jahren die Tanzwelt revolutionierte.

Katja Erfurth, 1971 in Dresden geboren, steht in einer beeindruckenden Tanztradition. Sie gehört zu den letzten Schülerinnen der legendären Gret Palucca. Nach ihrer Ausbildung an der Palucca-Schule tanzte sie sieben Jahre im Ensemble der Sächsischen Staatsoper Dresden. 1997 entschied sie sich für die Freiberuflichkeit. Seitdem hat sie über 30 eigene Produktionen realisiert. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch eine unverwechselbare Handschrift aus: präzise, poetisch und stets im Dialog mit Zeit und Raum.

In Soloarbeiten wie „Tänze in SCHWARZWEISS“, einer Hommage an Dore Hoyer, oder „Salome – Antigone – Kassandra“ übersetzt sie komplexe Ideen in bewegende Körpersprache. Auch in ihrer neuesten Produktion, der dritten Episode von „da I sein – STADT.GESCHICHTE.TANZ.“ werden Geschichten zu körperlichen Erfahrungen.

Die Tänzerin und Choreografin Katja Erfurth.
Katja Erfurth ist eine der prägendsten Stimmen der Freien Tanz- und Theaterszene in Dresden. Foto: Nils Bröer

„da I sein“: Stadtgeschichte in Bewegung

In „da I sein – STADT.GESCHICHTE.TANZ.“ verbindet Erfurth Tanz, Raum und Historie zu einer begehbaren Zeitreise. Die Reihe startete 2022 mit einer tänzerischen Erkundung der Inneren Neustadt Dresdens. Episode II führte im September 2024 durch die Radeberger Vorstadt – von der Villa Wigman über den Rosengarten bis zur Waldschlösschenbrücke.

Mit Episode III kehrt das Projekt nun zu einem Ursprungsort des modernen Tanzes zurück: nach Hellerau. Der künstlerische Streifzug beginnt am Festspielhaus und führt durch die historische Gartenstadt zu den berühmten Hellerauer Werkstätten. Stationen sind unter anderem die Wohnhäuser von Émile Jaques-Dalcroze, der 1911 hier seine „Rhythmische Bildungsanstalt“ gründete, und von Mary Wigmann, die hier studierte, bevor sie zur zentralen Figur des Ausdruckstanzes wurde.

Gemeinsam mit der Sängerin Julia Böhme und dem Geiger Florian Mayer erweckt Erfurth die reformpädagogischen Visionen von damals zum Leben. Das Trio verbindet Musik von Erwin Schulhoff, Helmut Oehring und Florian Mayer mit Tanz und gesprochenen Elementen zu einem vielschichtigen Erlebnis.

Katja Erfurth in „da I sein – STADT.GESCHICHTE.TANZ.“ Fotos: Volker Metzler

Spurensuche: Dresdens tanzhistorischen Erbes

Katja Erfurths Arbeit geht nicht nur in „da I sein“ weit über das eigene künstlerische Schaffen hinaus. Seit Jahren erforscht die Künstlerin systematisch die Tanzgeschichte Dresdens, mit besonderem Fokus auf Mary Wigman. Im Rahmen ihres TANZPAKT in residence-Aufenthalts 2025 tauchte sie tief in die Dresdner Jahre der Tanzpionierin ein – sichtete Briefe, Archivbilder und Manuskripte, die sie in Workshops und Performances zum Leben erweckte.

Die direkte Verbindungslinie zwischen Wigman, Palucca und ihrer eigenen Arbeit hat sie in einer dreiteiligen Podcastreihe dokumentiert, die die Entwicklung des deutschen Ausdruckstanzes nachzeichnet und ihre eigene Position in dieser Tradition reflektiert.

Podcastreihe zur Tanzgeschichte:

Kulturpolitisches Engagement

Neben ihrer künstlerischen Arbeit engagiert sich Erfurth leidenschaftlich für die Zukunft des Tanzes: als Mitbegründerin des Vereins „Villa Wigman für Tanz“, als Vizepräsidentin des Sächsischen Kultursenats sowie als Mitglied der Akademien der Künste in Berlin und Sachsen. Seit 2006 gibt sie ihr Wissen zudem als Dozentin an der Hochschule für Musik Dresden weiter.

Für dieses vielfältige Engagement erhielt sie 2020 den Kunstpreis der Landeshauptstadt Dresden. Die Jury würdigte besonders ihre Rolle als Multiplikatorin, die „die Tanzszene nach vorn und Dresden als Tanzstadt wieder in den Fokus gerückt“ habe.

Tanz als Zeitreise: „da I sein“ in Hellerau

Wer Katja Erfurth in Aktion erleben möchte, hat nun dreimal die Gelegenheit, sie auf ihrem tänzerischen Streifzug durch Hellerau zu begleiten. Die Performance verbindet historische Recherche mit künstlerischer Intuition und macht Geschichte nicht nur sichtbar, sondern körperlich erfahrbar.

„da I sein – STADT.GESCHICHTE.TANZ.“ Episode III: Hellerau
Termine: Sa 30.08., Sa 13.09., So 14.09., jeweils 17:30 Uhr
Treffpunkt: Festspielhaus Hellerau
Eintritt: 16 €/erm. 11 €

Mitwirkende:
Konzept, Choreographie und Tanz: Katja Erfurth
Stimme: Julia Böhme
Violine: Florian Mayer
Musik: u.a. von Erwin Schulhoff, Helmut Oehring und Florian Mayer

Mehr Infos & Tickets: www.hellerau.org

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