2023 ist es endlich soweit: Der Neumarkt um die Dresdner Frauenkirche wird fertig. Foto: Frank Exß
Dresdens Wiederaufbauprojekte stehen beispielhaft für das Zusammenspiel von Altem und Neuem, von Erhalt und Fortschritt. So auch der Neumarkt, eine der größten Wiederaufbauleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg. 2023 wird endlich die letzte Baulücke geschlossen. Wir haben mit den Stadtplanern Anja Heckmann und Nilsson Samuelsson über das Projekt im Herzen Dresdens gesprochen.
Nach 40 Jahren Planungs- und Bauphase ist es endlich soweit: Der Neumarkt, das Herz und die Seele der Stadt rund um die Frauenkirche ist wieder komplett. Wie fühlt sich das an? Anja Heckmann: Wir beide sind sehr stolz darauf, dass wir an diesem Prozess maßgeblich mitwirken konnten. Der Neumarkt ist ein Ort, den nicht nur Touristinnen und Touristen, sondern auch Menschen aus Dresden gerne besuchen. Nicht nur um die Frauenkirche zu bewundern, sondern weil er Aufenthaltsqualität hat und vor allem interessant ist.
Nilsson Samuelsson: Ziel des Projekts war, den historischen Stadtgrundriss mit seiner kleinteiligen Bebauung und einer städtebaulichen Struktur wiederherzustellen, die teilweise bis ins Mittelalter zurückgeht. Und das ist jetzt passiert. Wenn ich heute über den Neumarkt schlendere, bin ich wirklich beeindruckt. Gerade auch weil es viele Zweifel und Erörterungen gab, ob das alles richtig ist, was wir hier machen.
Es gab die Kritik, dass um den Neumarkt ein barockes Disneyland entsteht. Samuelsson: Ja, es gab viele Diskussionen. Wir wollten ja auch nicht alles nachbauen und so tun, als ob es alt wäre. Jetzt haben wir ein interessantes Nebeneinander von rekonstruierten Häusern und Fassaden und zeitgenössischen Gebäuden, die miteinander in einen Dialog treten.
Wie viele Gebäude wurden am Neumarkt wiederaufgebaut? Heckmann:Insgesamt 105 Gebäude in acht Quartieren. Davon sind 60 nach historischem Vorbild wiederaufgebaut worden, als Leitfassaden oder sogar Leitbauten, also gemäß den Original-Grundrissen inklusive bspw. den ehemaligen Treppenhäusern und Empfangshallen. 45 Gebäude sind neu konzipiert.
Alle wollten mitreden. Es gab sehr viele und sehr intensive Debatten.
sagt Stadtplaner Nilsson Samuelsson
Wieviel Geld hat das gekostet? Heckmann: Für den Wiederaufbau der Frauenkirche sind etwa 180 Mio. Euro geflossen, davon 115 Mio. Euro Spenden, der Rest kam vom Bund, vom Land und aus Stadtmitteln. Ca. 40 Mio. Euro wurden im Rahmen des Förderprogramms der Stadterneuerung für den öffentlichen Raum einschließlich der Neuordnung der stadttechnischen Infrastruktur eingesetzt. Die durch private Vorhabenträger errichteten Quartiere haben insgesamt etwa 650 Mio. Euro gekostet.
Was waren die größten Herausforderungen während des Prozesses? Heckmann: Unsere Aufgabe war es, das Leitbild umzusetzen, das der Dresdner Stadtrat 1996 beschlossen hat. Ein Leitbild ist kein Gesetz, sondern ein – in dem Fall – gestalterisches Konzept, an dem sich alle, die am Neumarkt planen und bauen, orientieren sollten. Aber die Stadt Dresden war nur teilweise Eigentümer der Grundstücke und konnte somit nur teilweise im Zuge des Verkaufs der städtischen Grundstücke das Leitbild zur Grundlage bestimmen. Das heißt, wir haben überall dort, wo es möglich war, entsprechende Vorgaben gemacht und andererseits viel Überzeugungsarbeit bei gleichzeitiger guter Ausschöpfung des Bau- und Planungsrechtes geleistet.
Samuelsson: Eine zweite Herausforderung war es, alle Akteure zusammenzubringen und über den Prozess zu sprechen. Das war ja nicht nur die Stadtverwaltung Dresdens, die Bauherren und Investoren, sondern auch die Stadtgesellschaft, die eifrig diskutiert hat. Alle wollten mitreden. Es gab sehr viele und sehr intensive Debatten, die unser Geschäftsbereich moderiert hat.
Zum Beispiel über die Entwürfe des Architektenwettbewerbs „Atelier Neumarkt“ aus dem Jahr 2000. Samuelsson: Ja, das war eine Art Ideenwettbewerb, den unser Amt ausgelobt hat, um beispielhaft zu zeigen, wie zeitgenössische Architektur neben historischen Fassaden aussehen kann. Die Entwürfe haben wir öffentlich präsentiert, sie zeigten ein breites Spektrum. Das war für den Planungs- und Entwicklungsprozess der Privaten und der Stadt sehr bereichernd.
Ganz wichtig war auch die Dresdner Debatte, ein öffentlicher Dialog, den die Stadt 2010 ins Leben gerufen hat, um die Meinung und Haltung von Bürgerinnen und Bürgern zu Stadtplanungsthemen, wie dem Neumarkt einzuholen.
Ganz wichtig war ein öffentlicher Dialog, um die Meinung und Haltung von Bürgerinnen und Bürgern zu Stadtplanungsthemen wie dem Neumarkt einzuholen.
sagt Stadtplanerin Anja Heckmann
Welche Rolle spielte die Gestaltungskommission, die die Stadt Dresden eingesetzt hat, beim Wiederaufbau des Neumarktes? Samuelsson: Das war ein unglaublich wichtiges Instrument! Ohne die Gestaltungskommission, diesem unabhängigen Fachgremium aus Architekten, Planern und Denkmalpflegern, gäbe es nicht diese baukulturelle Qualität. Sie hat alle Entwürfe gesichtet, Investoren und Bauherren beraten, Einzelfragen ausdiskutiert und Kompromisse gefunden. Etwa wie sich eine Tiefgarage unter dem Neumarkt mit dem historischen Grundriss vereinbaren lässt oder dass der historische Innenhof doch etwas breiter sein kann, weil sonst zu wenig Licht einfällt.
Wie haben Sie die Dresdnerinnen und Dresdner in die Planungsprozesse eingebunden? Heckmann: Zu den Bebauungsplänen kann ja jeder Stellung nehmen, das ist ein geregeltes Verfahren. Dann gab es Architektenwettbewerbe, wie „Atelier Neumarkt“ oder wettbewerbliche Verfahren der privaten Vorhabenträger. Ganz wichtig war auch die Dresdner Debatte, ein öffentlicher Dialog, den die Stadt 2010 ins Leben gerufen hat, um die Meinung und Haltung von Bürgerinnen und Bürgern zu Stadtplanungsthemen wie dem Neumarkt einzuholen. Damals schien es so, als sei der Platz eine reine Touristendestination und für die Menschen aus Dresden nicht sonderlich attraktiv.
Was war das Ergebnis? Heckmann: Dass für die Dresdnerinnen und Dresdner der Neumarkt als Ort der Identifikation sehr wohl wichtig ist, sie sich aber gerne dort aufhalten würden, ohne zu konsumieren, und zwar am liebsten auf beschatteten Plätzen.
Wie haben Sie das gelöst? Heckmann: Wir haben die Fläche, auf der eigentlich das neue Gewandhaus entstehen sollte, nicht zur Bebauung entwickelt, sondern dort kostenfreie Sitzflächen geschaffen und Bäume gepflanzt.
Das heißt, die Stadt hat zugunsten der Bürgerinnen und Bürger auf eine Bebauung verzichtet? Heckmann: Ja. Es gab die Empfehlung von Fachleuten des Städtebaus, den Ort, wo ursprünglich das Gewandhaus stand, wieder zu bebauen. Geplant war im Ergebnis eines Wettbewerbs zur Errichtung eines zeitgenössischen Gewandhauses als Ausstellungsgebäude ein explizit zeitgenössisches Gebäude. Dieser Empfehlung ist der Stadtrat jedoch nicht gefolgt, sondern den Stimmen aus der Stadtgesellschaft, die gesagt haben, das ist uns zu modern, das möchten wir in der Nähe der Frauenkirche nicht haben.
Seit vielen Jahren kämpft auch eine Bürgerinitiative für die historische Rekonstruktion des Neumarkes. Wie wichtig war dieses Engagement? Heckmann: Sehr wichtig. 1999 hat sich die „Initiative Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden“ gegründet, mit dem Anspruch, möglichst viele historische Leitbauten und Leitfassaden am Neumarkt wiederaufzubauen. Deren Beiträge in die öffentliche Debatte haben dazu geführt, dass wesentlich mehr historische Gebäude rekonstruiert wurden als ursprünglich mit dem Stadtratsbeschluss zum Wiederaufbau des Neumarktes vorgesehen.
Vor dem zweiten Weltkrieg war der Platz eines der schönsten Barockensembles Deutschlands, danach eine Brache voller Trümmer. Lange blieb der Neumarkt unbebaut. Hat sich das rückblickend als Segen herausgestellt? Die betonlastige Nachkriegsarchitektur in Westdeutschland findet heute schließlich niemand mehr schön. Heckmann: Es war wohl eher eine logische Entwicklung. Nach dem zweiten Weltkrieg war es wichtig, schnell Wohnraum zu schaffen. Man wollte damals anders bauen als noch vor dem zweiten Weltkrieg. Das galt für West- wie für Ostdeutschland gleichermaßen. Erst in den 80er Jahren entdeckten Stadtplaner:innen und Architekt:innen die historische Innenstadt als bedeutsamen Identifikationsort und Wohnort wieder, Anstoß gab die IBA 1984 in Berlin und ihre Konzepte zur behutsamen Stadterneuerung. Auch in Dresden gab es konkrete Pläne hin zum historisierenden Städtebau, aber eben in Plattenbauweise, ähnlich wie beim Nikolaiviertel in Ostberlin. Weil das Geld nicht da war, wurden die Pläne aber nur teilweise, wie mit dem Hotelquartier um die Münzgasse umgesetzt.
Zum Schluss: Wo halten Sie sich heute am Neumarkt besonders gern auf? Heckmann: Wenn ich mit Besuch am Neumarkt bin, dann gerne auf der Gewandhausfläche. Von dort hat man einen schönen Überblick und kann den Planungsprozess gut beschreiben.
Samuelsson: Ich fühle mich überall wohl, ich mag nicht nur die Gebäude, sondern auch die Räume, die dazwischen entstanden sind.
Das feine Dresdner Sächsisch klingt ausgesprochen gut. Jedenfalls für den Dresdner. Für Gäste wirkt die Sprache der Elbtalbewohner oft unaussprechlich…
Dresdens Wiederaufbauprojekte stehen beispielhaft für das Zusammenspiel von Altem und Neuem, von Erhalt und Fortschritt. So auch der Neumarkt, eine der größten Wiederaufbauleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg. 2023 wird endlich die letzte Baulücke geschlossen. Wir haben mit den Stadtplanern Anja Heckmann und Nilsson Samuelsson über das Projekt im Herzen Dresdens gesprochen.
Nach 40 Jahren Planungs- und Bauphase ist es endlich soweit: Der Neumarkt, das Herz und die Seele der Stadt rund um die Frauenkirche ist wieder komplett. Wie fühlt sich das an?
Anja Heckmann: Wir beide sind sehr stolz darauf, dass wir an diesem Prozess maßgeblich mitwirken konnten. Der Neumarkt ist ein Ort, den nicht nur Touristinnen und Touristen, sondern auch Menschen aus Dresden gerne besuchen. Nicht nur um die Frauenkirche zu bewundern, sondern weil er Aufenthaltsqualität hat und vor allem interessant ist.
Nilsson Samuelsson: Ziel des Projekts war, den historischen Stadtgrundriss mit seiner kleinteiligen Bebauung und einer städtebaulichen Struktur wiederherzustellen, die teilweise bis ins Mittelalter zurückgeht. Und das ist jetzt passiert. Wenn ich heute über den Neumarkt schlendere, bin ich wirklich beeindruckt. Gerade auch weil es viele Zweifel und Erörterungen gab, ob das alles richtig ist, was wir hier machen.
Es gab die Kritik, dass um den Neumarkt ein barockes Disneyland entsteht.
Samuelsson: Ja, es gab viele Diskussionen. Wir wollten ja auch nicht alles nachbauen und so tun, als ob es alt wäre. Jetzt haben wir ein interessantes Nebeneinander von rekonstruierten Häusern und Fassaden und zeitgenössischen Gebäuden, die miteinander in einen Dialog treten.
Wie viele Gebäude wurden am Neumarkt wiederaufgebaut?
Heckmann: Insgesamt 105 Gebäude in acht Quartieren. Davon sind 60 nach historischem Vorbild wiederaufgebaut worden, als Leitfassaden oder sogar Leitbauten, also gemäß den Original-Grundrissen inklusive bspw. den ehemaligen Treppenhäusern und Empfangshallen. 45 Gebäude sind neu konzipiert.
Wieviel Geld hat das gekostet?
Heckmann: Für den Wiederaufbau der Frauenkirche sind etwa 180 Mio. Euro geflossen, davon 115 Mio. Euro Spenden, der Rest kam vom Bund, vom Land und aus Stadtmitteln. Ca. 40 Mio. Euro wurden im Rahmen des Förderprogramms der Stadterneuerung für den öffentlichen Raum einschließlich der Neuordnung der stadttechnischen Infrastruktur eingesetzt. Die durch private Vorhabenträger errichteten Quartiere haben insgesamt etwa 650 Mio. Euro gekostet.
Was waren die größten Herausforderungen während des Prozesses?
Heckmann: Unsere Aufgabe war es, das Leitbild umzusetzen, das der Dresdner Stadtrat 1996 beschlossen hat. Ein Leitbild ist kein Gesetz, sondern ein – in dem Fall – gestalterisches Konzept, an dem sich alle, die am Neumarkt planen und bauen, orientieren sollten. Aber die Stadt Dresden war nur teilweise Eigentümer der Grundstücke und konnte somit nur teilweise im Zuge des Verkaufs der städtischen Grundstücke das Leitbild zur Grundlage bestimmen. Das heißt, wir haben überall dort, wo es möglich war, entsprechende Vorgaben gemacht und andererseits viel Überzeugungsarbeit bei gleichzeitiger guter Ausschöpfung des Bau- und Planungsrechtes geleistet.
Samuelsson: Eine zweite Herausforderung war es, alle Akteure zusammenzubringen und über den Prozess zu sprechen. Das war ja nicht nur die Stadtverwaltung Dresdens, die Bauherren und Investoren, sondern auch die Stadtgesellschaft, die eifrig diskutiert hat. Alle wollten mitreden. Es gab sehr viele und sehr intensive Debatten, die unser Geschäftsbereich moderiert hat.
Zum Beispiel über die Entwürfe des Architektenwettbewerbs „Atelier Neumarkt“ aus dem Jahr 2000.
Samuelsson: Ja, das war eine Art Ideenwettbewerb, den unser Amt ausgelobt hat, um beispielhaft zu zeigen, wie zeitgenössische Architektur neben historischen Fassaden aussehen kann. Die Entwürfe haben wir öffentlich präsentiert, sie zeigten ein breites Spektrum. Das war für den Planungs- und Entwicklungsprozess der Privaten und der Stadt sehr bereichernd.
Ganz wichtig war auch die Dresdner Debatte, ein öffentlicher Dialog, den die Stadt 2010 ins Leben gerufen hat, um die Meinung und Haltung von Bürgerinnen und Bürgern zu Stadtplanungsthemen, wie dem Neumarkt einzuholen.
Welche Rolle spielte die Gestaltungskommission, die die Stadt Dresden eingesetzt hat, beim Wiederaufbau des Neumarktes?
Samuelsson: Das war ein unglaublich wichtiges Instrument! Ohne die Gestaltungskommission, diesem unabhängigen Fachgremium aus Architekten, Planern und Denkmalpflegern, gäbe es nicht diese baukulturelle Qualität. Sie hat alle Entwürfe gesichtet, Investoren und Bauherren beraten, Einzelfragen ausdiskutiert und Kompromisse gefunden. Etwa wie sich eine Tiefgarage unter dem Neumarkt mit dem historischen Grundriss vereinbaren lässt oder dass der historische Innenhof doch etwas breiter sein kann, weil sonst zu wenig Licht einfällt.
Wie haben Sie die Dresdnerinnen und Dresdner in die Planungsprozesse eingebunden?
Heckmann: Zu den Bebauungsplänen kann ja jeder Stellung nehmen, das ist ein geregeltes Verfahren. Dann gab es Architektenwettbewerbe, wie „Atelier Neumarkt“ oder wettbewerbliche Verfahren der privaten Vorhabenträger. Ganz wichtig war auch die Dresdner Debatte, ein öffentlicher Dialog, den die Stadt 2010 ins Leben gerufen hat, um die Meinung und Haltung von Bürgerinnen und Bürgern zu Stadtplanungsthemen wie dem Neumarkt einzuholen. Damals schien es so, als sei der Platz eine reine Touristendestination und für die Menschen aus Dresden nicht sonderlich attraktiv.
Was war das Ergebnis?
Heckmann: Dass für die Dresdnerinnen und Dresdner der Neumarkt als Ort der Identifikation sehr wohl wichtig ist, sie sich aber gerne dort aufhalten würden, ohne zu konsumieren, und zwar am liebsten auf beschatteten Plätzen.
Wie haben Sie das gelöst?
Heckmann: Wir haben die Fläche, auf der eigentlich das neue Gewandhaus entstehen sollte, nicht zur Bebauung entwickelt, sondern dort kostenfreie Sitzflächen geschaffen und Bäume gepflanzt.
Das heißt, die Stadt hat zugunsten der Bürgerinnen und Bürger auf eine Bebauung verzichtet?
Heckmann: Ja. Es gab die Empfehlung von Fachleuten des Städtebaus, den Ort, wo ursprünglich das Gewandhaus stand, wieder zu bebauen. Geplant war im Ergebnis eines Wettbewerbs zur Errichtung eines zeitgenössischen Gewandhauses als Ausstellungsgebäude ein explizit zeitgenössisches Gebäude. Dieser Empfehlung ist der Stadtrat jedoch nicht gefolgt, sondern den Stimmen aus der Stadtgesellschaft, die gesagt haben, das ist uns zu modern, das möchten wir in der Nähe der Frauenkirche nicht haben.
Seit vielen Jahren kämpft auch eine Bürgerinitiative für die historische Rekonstruktion des Neumarkes. Wie wichtig war dieses Engagement?
Heckmann: Sehr wichtig. 1999 hat sich die „Initiative Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden“ gegründet, mit dem Anspruch, möglichst viele historische Leitbauten und Leitfassaden am Neumarkt wiederaufzubauen. Deren Beiträge in die öffentliche Debatte haben dazu geführt, dass wesentlich mehr historische Gebäude rekonstruiert wurden als ursprünglich mit dem Stadtratsbeschluss zum Wiederaufbau des Neumarktes vorgesehen.
Vor dem zweiten Weltkrieg war der Platz eines der schönsten Barockensembles Deutschlands, danach eine Brache voller Trümmer. Lange blieb der Neumarkt unbebaut. Hat sich das rückblickend als Segen herausgestellt? Die betonlastige Nachkriegsarchitektur in Westdeutschland findet heute schließlich niemand mehr schön.
Heckmann: Es war wohl eher eine logische Entwicklung. Nach dem zweiten Weltkrieg war es wichtig, schnell Wohnraum zu schaffen. Man wollte damals anders bauen als noch vor dem zweiten Weltkrieg. Das galt für West- wie für Ostdeutschland gleichermaßen. Erst in den 80er Jahren entdeckten Stadtplaner:innen und Architekt:innen die historische Innenstadt als bedeutsamen Identifikationsort und Wohnort wieder, Anstoß gab die IBA 1984 in Berlin und ihre Konzepte zur behutsamen Stadterneuerung. Auch in Dresden gab es konkrete Pläne hin zum historisierenden Städtebau, aber eben in Plattenbauweise, ähnlich wie beim Nikolaiviertel in Ostberlin. Weil das Geld nicht da war, wurden die Pläne aber nur teilweise, wie mit dem Hotelquartier um die Münzgasse umgesetzt.
Zum Schluss: Wo halten Sie sich heute am Neumarkt besonders gern auf?
Heckmann: Wenn ich mit Besuch am Neumarkt bin, dann gerne auf der Gewandhausfläche. Von dort hat man einen schönen Überblick und kann den Planungsprozess gut beschreiben.
Samuelsson: Ich fühle mich überall wohl, ich mag nicht nur die Gebäude, sondern auch die Räume, die dazwischen entstanden sind.
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