Wiederentdeckt: Dresdner Malerinnen der Romantik

Sonderausstellung im Kügelgenhaus

Caroline Bardua: Wilhelmine [oder Caroline] Dryander (Bildausschnitt), 1815, Privatbesitz, Foto: Museen der Stadt Dresden, Philipp WL Günther

Und es gab sie doch! In Dresden wirkten Anfang des 19. Jahrhunderts mehrere talentierte Malerinnen, die mit ihren Werken und bemerkenswerten Biografien den künstlerischen Aufbruch wagten. Das Kügelgenhaus - Museum der Romantik hat die Weggefährtinnen Caspar David Friedrichs anlässlich seines 250. Geburtstages neu entdeckt.

Wer nach berühmten Malerinnen der Vergangenheit fragt, stößt nicht selten auf eine leere Wand. Mit nur wenigen Ausnahmen ist die Kunstgeschichte bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein eine Männergeschichte. Noch bis 1919 hatten Frauen in der Regel keinen Zugang zu akademischer Bildung. Ihre Kunst wurde infolgedessen oft unterbewertet, bei Ankäufen für Museen oder Sammlungen spielte sie kaum eine Rolle. Obwohl das heute zum Glück anders ist, ist das immense Ungleichgewicht nicht leicht revidierbar: Vieles ist unwiederbringlich verloren. So finden sich im Albertinum in Dresden trotz Bemühungen um Zukäufe unter den circa 600 Werken der Romantik nur sechs, die von Frauen stammen.

Malerinnen zur Zeit Caspar David Friedrichs in Dresden

Dabei war gerade die Romantik eine Zeit, in der Künstlerinnen selbstbewußter in die Öffentlichkeit traten. Mit ihren Werken, aber auch gesellschaftlich als Initiatorinnen der Salons, wo man sich zum politischen und kulturellen Austausch traf. Dresden, damals schon führende Kunststadt, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts auch durch den Einfluß talentierter Malerinnen zum Epizentrum der Romantik. Frauen wie Caroline Bardua, Louise Seidler oder Therese aus dem Winckel – um nur einige zu nennen – haben ihre Epoche geprägt. Ihre oft bemerkenswerten Biografien sind eng verbunden mit Namen wie Caspar David Friedrich, Gerhard von Kügelgen oder Johann Wolfgang von Goethe.

Sonderaustellung im Kügelgenhaus

Im Wohnhaus Gerhard von Kügelgens, dem heutigen Kügelgenhaus – Museum für Romantik, gingen die wichtigsten Vertreter der Romantik ein und aus, darunter Künstlerinnen wie Caroline Bardua, Louise Seidler oder Therese aus dem Winckel. Photo: Sven Döring (DML-BY)

Im Caspar David Friedrich-Jahr lenkt das Kügelgenhaus den Blick auf die fast vergessenen Weggefährtinnen Friedrichs. Zehn außergewöhnliche Malerinnen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Dresden wirkten, gilt es neu zu entdecken. Der Ort könnte authentischer nicht sein: Das Kügelgenhaus, der frühere Wohnort des Malers Gerhard von Kügelgen, war Treffpunkt und Anlaufstelle für die kreative Szene dieser Zeit. Kügelgen unterrichtete viele der Künstlerinnen, die keinen Zugang zu akademischer Bildung hatten, in diesen Räumen. Caroline Bardua lebte sogar eine Zeitlang bei der Familie.

Wiederentdeckt! Dresdner Malerinnen der Romantik // Sonderausstellung im Kügelgenhaus – Museum der Dresdner Romantik, Hauptstraße 13, 01097 Dresden // 8. Juni 2024 bis 16. März 2025

Künstlerinnen, die in Dresden die Epoche der Romantik prägten

Louise Seidler (*1786 †1866)

Die Malerin Louise Seidler (1786–1866), porträtiert von Carl Christian Vogel von Vogelstein (Bildausschnitt). Ehemals Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett (Kriegsverlust)

Die Künstlerin und Goethe-Freundin Louise Seidler hat ihren Weg nicht ganz freiwillig beschritten: Ihr Verlobter, ein französischer Arzt, war im Krieg am Fieber gestorben. Ihre Eltern schickten sie daraufhin 1810 nach Dresden, um sich abzulenken. Hier reifte ihr Entschluss, Malerin zu werden. Sie erhielt unter anderem bei Georg von Kügelgen Unterricht und entwickelte ihren Stil. „Typisch für Seidler ist die auffällige Beachtung und Würdigung von Frauen, die ihren Lebensweg kreuzten“, heißt es im Buch „Erinnerungen der Louise Seidler“, herausgegeben von Hermann Uhde. Ihre Arbeiten wurden von Weggefährten wie Caspar David Friedrich hochgeschätzt. Später lebte sie fünf Jahre in Rom und schloss sich den Nazarenern an. Zurück in Weimar wurde sie Zeichenlehrerin am Hof und – durch Goethes Fürsprache – erste Kustodin der Herzoglichen Gemäldegalerie.

Caroline Bardua (*1781 †1864)

Caroline Bardua: Selbstbildnis mit Laute (fotografische Reproduktion, Bildausschnitt) Foto: Städtische Galerie Dresden, sachsen.museum-digital.de/object/14870, Original: Kügelgenhaus – Museum der Dresdner Romantik

Die Nachfrage nach ihren Porträts war so groß, dass sie als eine der ersten Künstlerinnen ein wirtschaftlich unabhängiges Leben führte. Aufgewachsen am anhaltinischen Hof in Ballenstedt, wurde Caroline Barduas Begabung von Goethe erkannt und gefördert. Er sorgte dafür, dass sie ab 1810 bei Kügelgen in Dresden ausgebildet wurde, wo sie auch wohnte. Bekanntheit erlangte sie vor allem als Porträtmalerin, unter anderem der Familie Goethe und ihres Weggefährten Caspar David Friedrich. 1819 zog sie nach Berlin, wo sie mit Erfolg an den Akademieausstellungen teilnahm. Zusammen mit ihrer Schwester führte sie außerdem einen literarisch-künstlerischen Club für unverheiratete Frauen mit dem Namen „Kaffeter“.

Therese aus dem Winckel (*1779 †1867)

Die Malerin, Musikerin und Schriftstellerin Therese aus dem Winckel war ein Multitalent. Als sie vier Jahre alt war, trennten sich die Eltern und sie zog mit ihrer Mutter nach Dresden. Aus adeligem Hause stammend, genoß sie eine sorgfältige Erziehung. So lernte sie mehrere Sprachen und wurde zu einer begabten Harfenistin. Eine 1800 eingegangene Verlobung wurde wieder gelöst, stattdessen widmete sie sich der Malerei. 1806 brach sie mit ihrer Mutter zu einer zweijährigen Studienreise nach Paris auf, wo sie große Unterstützung für ihr Talent erfuhr. Zurück in Deutschland, blieb ihr jedoch nur die Rolle der Kopistin. Aufgrund fortwährender Sorge um ihren Lebensunterhalt kopierte sie Bilder, unterrichtete am Hof und schrieb Beiträge zu Musik und Kunst. In ihrer späten Autobiographie beklagt sie das Scheitern ihrer künstlerischen Laufbahn nach den so hoffnungsvollen Pariser Jahren.

Demoiselle Plazmann

Demoiselle Plazmann steht beispielhaft für viele Künstlerinnen, deren Spuren man heute nicht mehr findet. 1801 war sie mit einigen Porträts in der jährlichen Ausstellungen der Brühlschen Galerie vertreten. Anhand der Ausstellungsverzeichnisse lässt sich nur noch ihr Name nachweisen, ihre Arbeiten sind verloren.