Wer glaubt, die Dresdner schimpfen, weil sie den ganzen Tag schlecht gelaunt sind, der sei eines Besseren belehrt. Die Dresdner sind eben nur sehr herzlich. Glauben Sie nicht? Dann hören Sie jetzt mal ganz genau hin.
Goddfordammichnochäma!
Dähmlagg“, „Aas“, „Bläbs“, „Eemr“. Wer sagt denn so was? Der Dresdner sagt das. Aber nur, wenn er schimpft. Der Elbtalbewohner ist an sich sehr geduldig und anpassungsfähig, aber wenn ihm der Geduldsfaden reißt, dann gerät er außer sich und ruft auch: „Flädz, „Iesche“, „Labbn“ oder „Sagggesichd“, „Safdsagg“, „Seechbiggse“. Offensichtlich reißen einigen die Fäden zurzeit öfter mal, deshalb erschrecken manche in Deutschland und meinen, das beschauliche Elbflorenz sei zur Motzmetropole mutiert.
Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden bekommen satte 7,4 Millionen Euro Forschungsgelder, um in den nächsten Jahren nach den Ursachen von Schmähausbrüchen zu suchen. Die Forscher fragen unter anderem, warum der sonst so gemütliche Sachse einerseits schimpft, andererseits aber andere provokant anschnauzt? Ist das Notwehr gegen Demütigung oder mehr? Das gelegentliche Schimpfen ist jedenfalls nicht zu verwechseln mit dem Motzen, Toben, Wüten oder Keifen, diesem politischen Geblöke, das spalten will.
Umfangreiches Schimpf-Repertoire mit Geschmack
Eines wissen die Forscher jetzt schon: Dresdner verfügen über ein wortreiches Arsenal von Kraftausdrücken. Der sächsische Dialekt entwickelt zudem die richtige Würze in der Schimpfwortmischung. Hören wir nur mal: „Blinse!“ Das ist im Elbtal normalerweise ein Eierkuchen, also eine leicht angebratene, dünne Mehlspeise. Wenn aber der Dresdner einen anderen mit „Blinse!“ anherrscht, dann bezeichnet er ihn als Trottel, also einen ziemlich schlaffen, dämlichen Typen. So ist das mit sächsischen Vokabeln, sie können kulinarisch schmackhaft, aber, als Schmähung ausgesprochen, ausgesprochen bitter sein.
Herzlich und ehrlich – so schimpfen die Sachsen
Doch egal ob „Blinse“, „Dussl“ oder „Hadrlumb“, sächsische Schimpfwörter besitzen immer Spuren von Herzlichkeit. Ein „Nieslbriehm“ oder eine „Nulbe“ meinen es nicht hart, sondern weich. Selbst der heftigste Rüffel macht so noch Hoffnung. Wenn der echte Dresdner verbal explodiert, dann will er seiner Frustration Ausdruck geben, was einer Handlung im Affekt gleichkommt.
Schimpfen ist für ihn die beste Medizin, eine Art Abführmittel für den inneren Gefühlsstau. Und noch etwas: Dresdner lassen Dampf ab, weil sie ehrlich sind, sie offenbaren offensichtlich ihren Gemütszustand und fühlen sich dabei stark und sicher. Der spontane Aufschrei setzt im Hirn einen Cocktail aus Dopamin, Seroto-nin, Noradrenalin, Endorphinen, Oxytocin und Phenethylamin frei. Das fühlt sich gut an. Goddfordammichnochäma!
Dr. Peter Ufer ist Dresdner Autor. Er schrieb „Der große Gogelmosch – das Wörterbuch der Sachsen“, „Der komische Gogelmosch – die Witze der Sachsen“ sowie „Deutschland, deine Sachsen“. Seit 2008 kürt er gemeinsam mit einer Jury das „Sächsische Wort des Jahres“ und richtet den Deutschen Karikaturenpreis in Dresden aus.
Das feine Dresdner Sächsisch klingt ausgesprochen gut. Jedenfalls für den Dresdner. Für Gäste wirkt die Sprache der Elbtalbewohner oft unaussprechlich…
Wer glaubt, die Dresdner schimpfen, weil sie den ganzen Tag schlecht gelaunt sind, der sei eines Besseren belehrt. Die Dresdner sind eben nur sehr herzlich. Glauben Sie nicht? Dann hören Sie jetzt mal ganz genau hin.
Goddfordammichnochäma!
Dähmlagg“, „Aas“, „Bläbs“, „Eemr“. Wer sagt denn so was? Der Dresdner sagt das. Aber nur, wenn er schimpft. Der Elbtalbewohner ist an sich sehr geduldig und anpassungsfähig, aber wenn ihm der Geduldsfaden reißt, dann gerät er außer sich und ruft auch: „Flädz, „Iesche“, „Labbn“ oder „Sagggesichd“, „Safdsagg“, „Seechbiggse“. Offensichtlich reißen einigen die Fäden zurzeit öfter mal, deshalb erschrecken manche in Deutschland und meinen, das beschauliche Elbflorenz sei zur Motzmetropole mutiert.
Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden bekommen satte 7,4 Millionen Euro Forschungsgelder, um in den nächsten Jahren nach den Ursachen von Schmähausbrüchen zu suchen. Die Forscher fragen unter anderem, warum der sonst so gemütliche Sachse einerseits schimpft, andererseits aber andere provokant anschnauzt? Ist das Notwehr gegen Demütigung oder mehr? Das gelegentliche Schimpfen ist jedenfalls nicht zu verwechseln mit dem Motzen, Toben, Wüten oder Keifen, diesem politischen Geblöke, das spalten will.
Umfangreiches Schimpf-Repertoire mit Geschmack
Eines wissen die Forscher jetzt schon: Dresdner verfügen über ein wortreiches Arsenal von Kraftausdrücken. Der sächsische Dialekt entwickelt zudem die richtige Würze in der Schimpfwortmischung. Hören wir nur mal: „Blinse!“ Das ist im Elbtal normalerweise ein Eierkuchen, also eine leicht angebratene, dünne Mehlspeise. Wenn aber der Dresdner einen anderen mit „Blinse!“ anherrscht, dann bezeichnet er ihn als Trottel, also einen ziemlich schlaffen, dämlichen Typen. So ist das mit sächsischen Vokabeln, sie können kulinarisch schmackhaft, aber, als Schmähung ausgesprochen, ausgesprochen bitter sein.
Herzlich und ehrlich – so schimpfen die Sachsen
Doch egal ob „Blinse“, „Dussl“ oder „Hadrlumb“, sächsische Schimpfwörter besitzen immer Spuren von Herzlichkeit. Ein „Nieslbriehm“ oder eine „Nulbe“ meinen es nicht hart, sondern weich. Selbst der heftigste Rüffel macht so noch Hoffnung. Wenn der echte Dresdner verbal explodiert, dann will er seiner Frustration Ausdruck geben, was einer Handlung im Affekt gleichkommt.
Schimpfen ist für ihn die beste Medizin, eine Art Abführmittel für den inneren Gefühlsstau. Und noch etwas: Dresdner lassen Dampf ab, weil sie ehrlich sind, sie offenbaren offensichtlich ihren Gemütszustand und fühlen sich dabei stark und sicher. Der spontane Aufschrei setzt im Hirn einen Cocktail aus Dopamin, Seroto-nin, Noradrenalin, Endorphinen, Oxytocin und Phenethylamin frei. Das fühlt sich gut an. Goddfordammichnochäma!
Dr. Peter Ufer ist Dresdner Autor. Er schrieb „Der große Gogelmosch – das Wörterbuch der Sachsen“, „Der komische Gogelmosch – die Witze der Sachsen“ sowie „Deutschland, deine Sachsen“. Seit 2008 kürt er gemeinsam mit einer Jury das „Sächsische Wort des Jahres“ und richtet den Deutschen Karikaturenpreis in Dresden aus.
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Peter Ufer weiß, was sich in Dresden bestimmt nie ändern wird.