Stadtteil-Geschichten: Johannstadt

Das „echte“ Dresden, fernab ausgetretener Pfade

Florian-Geyer-Straße, Stadtteil Johannstadt
Florian-Geyer-Straße, Stadtteil Johannstadt Foto: Stadtarchiv Dresden, Albrecht Voß

Dresdens Johannstadt ist ein Schmelztiegel der Vielfalt: Von DDR-Plattenbauten bis Jugendstil- und Gründerzeithäusern und von Alteingesessenen bis zu einer multikulturellen, jungen Einwohnerschaft. Ein Spaziergang durch den Stadtteil ist eine kleine Entdeckungsreise.

Die Johannstadt ist der schönste Dresdner Stadtteil, weil …                            

… sie mit ihrer Lage zwischen Großem Garten und Elbufer zu den zentralsten und grünsten Ecken der Stadt gehört. Dennoch ist sie kein Hochglanz-Stadtteil, die Johannstadt ist ungeschminkt. Was sie ausmacht, ist ihre einzigartige Vielfalt. Hier stehen DDR-Wohnblocks neben Gründerzeit- und Jugendstilgebäuden, dichte Wohnviertel machen Platz für grüne Oasen, Hightech-Forschungseinrichtungen treffen auf Seniorenresidenzen und alternative Künstlerateliers.

So bunt gemischt wie das Stadtbild sind auch die Bewohner. Vereine und Initiativen wie das JohannStadtQuartier, der Johannstädter Kulturtreff und der Stadtteilverein Johannstadt stehen für eine lebendige und vielfältige Stadtteilkultur, die zur dynamischen Entwicklung des Stadtteils beiträgt: Die Johannstadt wächst, wandelt sich und bleibt doch ein Ort, an dem man gerne lebt.

Elbuferstreifen der Johannstadt, beliebtes Erholungsgebiet mit Natur, Fährgarten und Blick auf vorbeifahrende Dampfer.
Der lange Elbuferstreifen, einer der beliebtesten Erholungsgebiete in Dresden, trägt zur guten Lebensqualität in Johannstadt bei. Foto: Stadtarchiv Dresden, Albrecht Voß

Wie würden Sie die Johannstadt einem Ortsfremden erklären? 

Die Bombardierung Dresdens hat den Stadtteil hart getroffen: Nur etwa 20 Prozent der Häuser blieben erhalten. Rund um Stresemann- und Thomas-Müntzer-Platz oder auf dem Uniklinik-Gelände finden sich Relikte der alten Zeit. Große Teile des Stadtteils wurden in der frühen DDR mit 10- bis 15-stöckigen Plattenbauten errichtet, die das Bild der Johannstadt bis heute prägen. Durch Sanierung und Rückbau sowie neue, hochmoderne Stadtquartiere hat das Viertel sein Gesicht aber noch einmal stark verändert – zum Positiven – und erfindet sich immer wieder neu.

Alles über die Johannstadt erfährt man auf www.johannstadt.de, einer von Menschen aus dem Stadtteil gestalteten Stadtteilredaktion.

  • Zwischen den Neubauten findet man in Johannstadt noch einige historische Plätze und Straßenzüge.
  • Marschnerstraße, Stadtteil Johannstadt-Süd
  • Die Hochschule für Bildende Künste Dresden in der Güntzstraße 

Wer fühlt sich in der Johannstadt besonders wohl? 

Wer das bunte, nachbarschaftliche Leben liebt, dabei aber nicht auf grüne Rückzugsorte verzichten will, fühlt sich in der Johannstadt wohl. Der Stadtteil hat viele langjährige Bewohner, einige leben seit dem Erstbezug ihrer Häuser in den 60er- oder 70er-Jahren hier. Hinzugekommen ist eine junge, multikulturelle Einwohnerschaft: Familien, Studierende, Mitarbeitende der wissenschaftlichen Institute und Kunstschaffende, die hier kreative Freiräume finden. Auch für Besucher ist der Stadtteil interessant: Wer das „echte“ Dresden sucht, fernab ausgetretener Pfade, kann hier viel entdecken.

Wenn die Johannstadt ein Mensch wäre: Wie würden Sie ihn charakterisieren?

Er wäre unternehmungslustig und würde die Nähe zu Kultur und Natur schätzen. Gleichzeitig wäre er kein lauter Mensch, sondern jemand, der zu viel Trubel um sich herum nicht braucht. Man müsste sich ein wenig Mühe geben, um ihn kennenzulernen. Hat man die etwas rauhe Schale aber erstmal geknackt, zeigt er unerwarteten Charme und vielseitige Talente.

Was gibt es in der Johannstadt, was es nirgends sonst gibt?

Die Johannstadt hat einige markante Hotspots wie den Fährgarten am Elbufer oder die Trinitatiskirche, die den Krieg als Ruine überstanden hat und 2019 bis 2021 zur Jugendkirche ausgebaut wurde. Auch Dresdens größter Flohmarkt, der jeden Samstag unterhalb des Käthe-Kollwitz-Ufers stattfindet, zählt dazu. Ein neues städtebauliches Kleinod ist die 2022 fertiggestellte Lili-Elbe-Straße mit Wasserspiel, Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten.

Wirklich einzigartig sind die vielen kreativen Stadtteilprojekte in der Johannstadt. Die Internationalen Gärten, das von Migrantinnen betriebene Café Halva oder die Stadtteil-Clownin gibt es nur hier. Sie werden ermöglicht, weil ein Stadtteilbeirat aus Bewohnern und Einrichtungen entscheidet, welche Projektideen aus einem Stadtteil- bzw. Verfügungsfonds gefördert werden. Auch einen Stadtteilbeirat gibt es sonst nur noch in Pieschen/Mickten.

  • Trinitatiskirche Dresden Johannstadt
  • Lili-Elbe-Straße Dresden

Der schönste Spaziergang in der Johannstadt?

Mehrere, schöne Themen-Rundwege laden zum Entdecken des Stadtteils und seiner historischen und kreativen Orte ein: So führt der Historische Rundweg zu zwölf geschichtlich bedeutsamen Plätzen, die Johannstädter Lieblingsbäume lernt man auf dem gleichnamigen Rundweg kennen und für Kunstliebhaber ist der Rundweg Kunst im öffentlichen Raum eine Top-Empfehlung.

Der passende Soundtrack dazu?

Unser „Johannstadt-Song“! Der Singer-Songwriter Johannes Gerstengarbe, der in Johannstadt lebt, hat ihn im Rahmen des Projektes „Utopolis“ geschrieben und damit die Wünsche und Anliegen der Bewohner vertont.

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Welcher Geheimtipp steht in keinem Reiseführer?

Versteckt zwischen den Wohnvierteln liegen gleich zwei unter Denkmalschutz stehende Friedhöfe, die zu den schönsten in Dresden gehören: der Trinitatis- und der Neue Jüdische Friedhof. Sie sind nicht nur grüne Oasen mit einer reichen Flora und Fauna und vielen Sitzgelegenheiten, sondern kulturhistorisch und künstlerisch bedeutsame Orte, die interessante Geschichten erzählen.

Gibt es eine besondere Geschichte oder Persönlichkeit, die mit Ihrem Stadtteil in Verbindung steht?

Auf dem Trinitatisfriedhof findet man die Spuren vieler berühmter Persönlichkeiten, darunter der Maler Caspar David Friedrich, der Arzt und Philosoph Carl Gustav Carus und die dänische Malerin und Transgender-Pionierin Lili Elbe. Sie ließ in der Dresdner Frauenklinik als erster Mensch eine Geschlechtsangleichung durchführen. Bücher und Filme erzählen von ihrem bewegten Leben, in Johannstadt ist die Lili-Elbe-Straße nach ihr benannt.

Das wichtigste Fest oder Kultur-Event in der Johannstadt?

Im Jahresverlauf gibt es eine ganze Reihe. Im späten Frühjahr wird das Bönischplatzfest gefeiert, ein buntes Stadtteilfest mit Bühnenprogramm und Mitmachaktionen. Sommer-Highlight und seit 1998 echter Kult ist das Johannstädter Elbeschwimmen im August. Im Herbst freuen sich nicht nur Kinder auf das traditionelle Drachenfest an den Elbwiesen und das Spielefest „Dresden spielt!“ in der JohannStadthalle. Und im Dezember lockt der Johannstädter Advent. Seit 2016 gibt es die 24 Türchen in der Vorweihnachtszeit, hinter denen sich jeweils eine andere, kostenfreie Veranstaltung im Stadtteil verbirgt.

  • Bönischplatzfest Dresden Johannstadt 2021
  • Das JohannStadtQuartier mit der JohannStadthalle ist ein Stadtteil-Begegnungen und Veranstaltungsort.

Wo in Johannstadt kann man gut essen und was sollte man dort unbedingt probieren?

Die sizilianische Pizzeria Fantina auf der Neubertstraße ist sehr beliebt und gilt als eine der besten in Dresden. Wer Lust auf orientalische Spezialitäten hat, sollte das Café Kardamom auf der Pfotenhauerstraße besuchen – bekannt für seine köstliche Baklava und aromatischen Tees. Gehobene und nachhaltige Gastronomie gibt es im Johann Restaurant & Elblounge am Käthe-Kollwitz-Ufer. Das Gebäude steht übrigens auf den Resten des ehemaligen Bootshauses Johannstadt, das 1925 bis 26 als Kassengebäude für die erste europäische Wasserfluglinie zwischen Dresden und Altona (Hamburg) diente.

Was wünschen Sie sich für Ihren Stadtteil?

Ein starkes Bündnis aus engagierten Bürgern und Initiativen, um die Vielfalt und das Miteinander in Johannstadt zu fördern und den Stadtteil noch lebenswerter zu machen. Die Johannstadt soll ein Ort bleiben, an dem sich unterschiedliche Menschen zuhause fühlen.

Der schnellste und der schönste Weg vom Zentrum in die Johannstadt?

Mit Bus oder Straßenbahn ist man in wenigen Minuten am Fetscher- oder Bönischplatz. Schöner ist es aber mit dem Fahrrad, auf dem Elberadweg nach Osten.

Was ist Ihr Lieblingsplatz in der Johannstadt?

Der Elbestrand. Hier lässt es sich gut entspannen, den Akku auftanken oder vom Fährgarten aus den Dampfern zuwinken.

Matthias Kunert ist Quartiersmanager für das Fördergebiet Nördliche Johannstadt im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Sozialer Zusammenhalt“. Das Quartiersmanagement Nördliche Johannstadt begleitet im Auftrag der Stadt Dresden seit 2015 die Stadtteilentwicklung, organisiert Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit und fördert Bürger*innen bei der Umsetzung eigener Projektideen. Weitere Informationen finden Sie unter www.johannstadt.de/soziale-stadt.

Andrea Schubert ist Stadtbezirksbeirätin und Vorsitzende des Stadtteilvereins Johannstadt e. V., der sich seit 2017 dafür einsetzt, die Johannstadt noch lebenswerter zu machen. Er ist Träger des Stadtteilbeirats, des Stadtteilfonds sowie der Stadtteilredaktion, organisiert das Bönischplatzfest und den Johannstädter Advent und betreibt einen Stadtteilladen. Weitere Informationen finden Sie unter www.johannstadt.de/stadtteilverein.

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