Tumoroperationen sind auch heute noch mit einem hohen Risiko verbunden, besonders im Weichgewebe, wie es etwa im Bauchraum vorliegt. Notwendig sind deshalb intelligente Systeme, die den Chirurgen bei minimalinvasiven Eingriffen sicher an sein Ziel führen und eine komplette Entfernung des Tumors ermöglichen. Solche hochkomplexen und zugleich praktikablen Lösungen erfordern interdisziplinäre Ansätze und sind das Forschungsgebiet von Stefanie Speidel. Als erste Professorin wurde die 1978 geborene, mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin im Frühjahr an das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden berufen.
Seit 2015 gibt es in Dresden neben Heidelberg einen zweiten Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen. Träger sind das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, die Medizinische Fakultät der TU Dresden und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). Welche Bedingungen fanden Sie für ihre wissenschaftliche Arbeit am NCT vor und wie schätzen Sie den Wissenschaftsstandort Dresden im Allgemeinen ein?
Stefanie Speidel: Das NCT Dresden und der Wissenschaftsstandort Dresden bieten mir hervorragende Voraussetzungen, um meine fachübergreifende Forschung voranzutreiben. In Karlsruhe gab es keine Medizinische Fakultät, in Heidelberg keine Ingenieurwissenschaften – die Technische Universität Dresden bietet beides. Zu verschiedenen chirurgischen Fächern am Universitätsklinikum Dresden gibt es enge Anknüpfungspunkte und gemeinsam mit Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf möchte ich neue Möglichkeiten der Bildgebung währen einer Operation nutzen. Da auch das Deutsche Krebsforschungszentrum Träger des NCT Dresden ist, kann ich unter dem Dach des NCT auch die engen Forschungsbeziehungen nach Heidelberg problemlos fortsetzen.
Ihr Forschungsgebiet ist die „Translationale Chirurgische Onkologie“. Können Sie den Inhalt ihrer Forschung, bei der Sie Assistenzsysteme für die Krebschirurgie entwickeln, etwas genauer beschreiben?
Stefanie Speidel: Krebschirurgie ist Millimeterarbeit: Schneidet der Chirurg zu dicht am Tumor entlang, besteht die Gefahr, dass er nicht den kompletten Tumor entfernt und der Krebs widerkehrt. Dicht daneben verlaufen jedoch Blutgefäße und Nerven, die nicht verletzt werden dürfen. Gemeinsam mit meinem Team entwickle ich daher intelligente Hilfen, die den Chirurgen bei minimalinvasiven Operationen sicher und ohne Umwege zum Tumor führen – ähnlich wie ein Navigationssystem im Auto den Fahrer zum Ziel leitet.
Neu und besonders schwierig ist die Entwicklung solcher chirurgischen Assistenzsysteme für Weichgewebe, wie sie etwa im Bauchraum vorliegen. Denn durch Atmung, Herzschlag oder die Berührung mit medizinischen Instrumenten kann sich die Lage und Form von Geweben und Organen ständig verändern. Diese Veränderungen müssen wir in Echtzeit analysieren und abbilden.
Wir entwickeln aber auch eine spezielle Software für Datenbrillen. Damit kann der Chirurg vor Beginn der Operation dreidimensional ins Innere des Patienten blicken und die OP leichter als bisher planen oder durchspielen.
Wann und wie werden die Ergebnisse ihrer Forschungen den Patienten zu gute kommen?
Stefanie Speidel: Die Datenbrille wird derzeit bereits in Pilotstudien getestet. Im NCT-Neubau, der bis 2019 auf dem Gelände des Universitätsklinikums entsteht, wird es einen Operationssaal der Zukunft geben. Dort werden wir Studien zum Navigationssystem und zur robotergestützten Chirurgie durchführen. Dass diese Techniken für bestimmte Eingriffe in etwa zehn Jahren in der klinischen Praxis angekommen sind, halte ich für durchaus realistisch.
Über wissenschaftliche Leistungen wird fast ausschließlich in der Fachpresse berichtet. In den anderen Medien erfährt eine Ausstellung in der Stadtgalerie oder das neue Buch eines Schriftstellers oft mehr Resonanz, von sportlichen Leistungen ganz zu schweigen. Stört Sie diese Diskrepanz, die ja manchmal fast an Ignoranz grenzt?
Stefanie Speidel: Ich finde es eher schade, dass wissenschaftliche Errungenschaften, von denen wir tagtäglich umgeben sind, oft als selbstverständlich angenommen werden, Forschung ist ja essentiell für die Zukunft unserer Gesellschaft. Ich denke, dass man als Wissenschaftler auch einen Beitrag leisten kann indem man offen in Dialog mit der Gesellschaft tritt und die Bedeutung der Forschung betont, gerade im Zeitalter alternativer Fakten.
Mehr noch als die Forschung selbst, bleibt das Privatleben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Verborgenen. Wie lebt Stefanie Speidel außerhalb des Forschungslabors? Wie fühlen Sie sich in Dresden und haben Sie schon Lieblingsorte in der Stadt?
Stefanie Speidel: Ich fühle mich sehr wohl in Dresden, die Stadt hat viel zu bieten. Es macht Spaß Neues zu entdecken, aktuell bin ich gerne an der Elbe beim Blauen Wunder, im Cafe emoi, und in der neuen Bibliothek im Kulturpalast.
Findelkind, groß geworden Heinemann glaubte an sein Know-how: Bei Robotron arbeitete er seit Ende der 60er Jahre. Seine Mitarbeiter entwickelten Datenbanken und…
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Seit 2015 gibt es in Dresden neben Heidelberg einen zweiten Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen. Träger sind das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, die Medizinische Fakultät der TU Dresden und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). Welche Bedingungen fanden Sie für ihre wissenschaftliche Arbeit am NCT vor und wie schätzen Sie den Wissenschaftsstandort Dresden im Allgemeinen ein?
Stefanie Speidel: Das NCT Dresden und der Wissenschaftsstandort Dresden bieten mir hervorragende Voraussetzungen, um meine fachübergreifende Forschung voranzutreiben. In Karlsruhe gab es keine Medizinische Fakultät, in Heidelberg keine Ingenieurwissenschaften – die Technische Universität Dresden bietet beides. Zu verschiedenen chirurgischen Fächern am Universitätsklinikum Dresden gibt es enge Anknüpfungspunkte und gemeinsam mit Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf möchte ich neue Möglichkeiten der Bildgebung währen einer Operation nutzen. Da auch das Deutsche Krebsforschungszentrum Träger des NCT Dresden ist, kann ich unter dem Dach des NCT auch die engen Forschungsbeziehungen nach Heidelberg problemlos fortsetzen.
Ihr Forschungsgebiet ist die „Translationale Chirurgische Onkologie“. Können Sie den Inhalt ihrer Forschung, bei der Sie Assistenzsysteme für die Krebschirurgie entwickeln, etwas genauer beschreiben?
Stefanie Speidel: Krebschirurgie ist Millimeterarbeit: Schneidet der Chirurg zu dicht am Tumor entlang, besteht die Gefahr, dass er nicht den kompletten Tumor entfernt und der Krebs widerkehrt. Dicht daneben verlaufen jedoch Blutgefäße und Nerven, die nicht verletzt werden dürfen. Gemeinsam mit meinem Team entwickle ich daher intelligente Hilfen, die den Chirurgen bei minimalinvasiven Operationen sicher und ohne Umwege zum Tumor führen – ähnlich wie ein Navigationssystem im Auto den Fahrer zum Ziel leitet.
Neu und besonders schwierig ist die Entwicklung solcher chirurgischen Assistenzsysteme für Weichgewebe, wie sie etwa im Bauchraum vorliegen. Denn durch Atmung, Herzschlag oder die Berührung mit medizinischen Instrumenten kann sich die Lage und Form von Geweben und Organen ständig verändern. Diese Veränderungen müssen wir in Echtzeit analysieren und abbilden.
Wir entwickeln aber auch eine spezielle Software für Datenbrillen. Damit kann der Chirurg vor Beginn der Operation dreidimensional ins Innere des Patienten blicken und die OP leichter als bisher planen oder durchspielen.
Wann und wie werden die Ergebnisse ihrer Forschungen den Patienten zu gute kommen?
Stefanie Speidel: Die Datenbrille wird derzeit bereits in Pilotstudien getestet. Im NCT-Neubau, der bis 2019 auf dem Gelände des Universitätsklinikums entsteht, wird es einen Operationssaal der Zukunft geben. Dort werden wir Studien zum Navigationssystem und zur robotergestützten Chirurgie durchführen. Dass diese Techniken für bestimmte Eingriffe in etwa zehn Jahren in der klinischen Praxis angekommen sind, halte ich für durchaus realistisch.
Über wissenschaftliche Leistungen wird fast ausschließlich in der Fachpresse berichtet. In den anderen Medien erfährt eine Ausstellung in der Stadtgalerie oder das neue Buch eines Schriftstellers oft mehr Resonanz, von sportlichen Leistungen ganz zu schweigen. Stört Sie diese Diskrepanz, die ja manchmal fast an Ignoranz grenzt?
Stefanie Speidel: Ich finde es eher schade, dass wissenschaftliche Errungenschaften, von denen wir tagtäglich umgeben sind, oft als selbstverständlich angenommen werden, Forschung ist ja essentiell für die Zukunft unserer Gesellschaft. Ich denke, dass man als Wissenschaftler auch einen Beitrag leisten kann indem man offen in Dialog mit der Gesellschaft tritt und die Bedeutung der Forschung betont, gerade im Zeitalter alternativer Fakten.
Mehr noch als die Forschung selbst, bleibt das Privatleben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Verborgenen. Wie lebt Stefanie Speidel außerhalb des Forschungslabors? Wie fühlen Sie sich in Dresden und haben Sie schon Lieblingsorte in der Stadt?
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