Seit 2015 wurden die Fresken am Residenzschloss Dresden restauriert. Nun sind die Arbeiten auf allen drei Stockwerken abgeschlossen. Foto: imago
Endlich ist es soweit! Die Fresken am Altan erstrahlen wieder in alter Pracht. Um sie zu restaurieren, mussten vergessene Techniken neu erlernt werden. Die Riesengemälde der Renaissance sind das Prunkstück des Residenzschlosses. Nach jahrelanger Arbeit könnt ihr die fertiggestellten Kunstwerke nun in ihrer ganzen Pracht bewundern.
Wie belebt man den Geist eines fürstlichen Freskos, von dem niemand genau weiß, wie es einmal ausgesehen hat? Diese spannende Frage stand für den Restaurator und Bauforscher Matthias Zahn am Anfang seiner Arbeit für die Restaurierung der farbenfrohen Gemälde am Altan des Residenzschlosses Dresden. Und es sollte viel Zeit und große Mühen kosten, darauf eine Antwort zu finden.
Residenzschloss Dresden als Symbol der Macht
Aber der Reihe nach: Denn die Geschichte der Fresken beginnt im 16. Jahrhundert. Kurfürst Moritz I. von Sachsen hatte, wie so viele Herrscher und Adlige seiner Zeit, ein Faible für die italienische Renaissance. Und nachdem er das Land 1549 bereiste, holte er fähige Künstler und Baumeister an die Elbe. Sie sollten das Dresdner Schloss nach italienischem Vorbild in die modernste Residenz nördlich der Alpen verwandeln und durch ihre Arbeiten die Macht des Kurfürsten erstrahlen lassen. Zum Highlight des imposanten Renaissancebaus wurde der Altan im Großen Schlosshof – eine viergeschossige Loggia mit 19 Meter langen und bis zu 5,70 Meter hohen Riesengemälden, die Moritz I. von den Brüdern Benedikt und Gabriel Tola aus Brescia gestalten ließ. Jahrhundertelang galten sie als sächsisches Weltwunder.
Gigantisches Renaissance-Fresko vernichtet
Doch vom Original war schon seit langer Zeit nichts mehr zu sehen: Einen Großteil der Bilder zerstörte der große Schlossbrand von 1701, ein weiterer wurde Ende des 19. Jahrhunderts einfach übermalt. Das Wenige, das übrig blieb, haben 1945 die Bomben vernichtet.
Unwiderbringlich verloren waren die Fresken, die sich über eine Fläche von 250 Quadratmetern zogen, damit aber nicht: Bereits in den 1970er-Jahren gab es erste Pläne, die Gemälde neu zu erschaffen. 2015 erhielt Matthias Zahn, der schon seit 1988 in die Planungen zum Wiederaufbau des Dresdner Schlosses involviert war, schließlich den Auftrag für die Restaurierung des Altans.
Vergessene Techniken mussten neu erlernt werden
Über mehrere Jahre wertete der Restaurator alte Modelle des Schlosses aus, studierte historische Stiche und Ölgemälde aus dem 17. Jahrhundert. Glücklicherweise fanden sich im Kupferstichkabinett einige Skizzen der Gebrüder Tola für den Altan. Aufschluss über die Motive gab auch ein Foto des Dresdner Fotografen Hermann Krone aus dem Jahr 1865. Aber in welchem Stil hatten die Künstler gemalt? „Weil die Tola-Brüder sonst keine Malerei hinterlassen haben, mussten wir uns andere Vorbilder suchen“, berichtet Matthias Zahn.
Das zeigen die Fresken am Altan
Während die Sgraffito-Darstellungen im Großen Schlosshof Szenen aus der römischen Antike zeigen, widmen sich die Fresken am Altan biblischen Themen. Das erste Obergeschoss thematisiert die Bekehrung des Paulus aus dem Neuen Testament. Das zweite Obergeschoss zeigt Josef und Maria mit dem Jesuskind sowie die Heiligen Drei Könige. Im dritten Obergeschoss ist eine Szene aus dem Alten Testament zu sehen: Die Königin von Saba macht König Salomon ihre Aufwartung.
Mit seinem siebenköpfigen Team besuchte er Villen, Kirchen und Paläste, um die Fresken des 16. Jahrhunderts zu studieren. Sie reisten nach Brescia und stießen dort auf die Werkstatt von Girolamo Romanino, einem Maler der italienischen Hochrenaissance. Sie forschten nach Zeitgenossen der Tola-Brüder und entdeckten Lattanzio Gambara.
In dessen Wandbildern aus Parma suchten sie nach Hinweisen, wie die Fresken in Dresden ausgesehen haben mochten. Allerdings spielten für die Restaurierung nicht nur Motive und Stilfragen eine Rolle, sondern auch die alte Technologie. „Wir mussten die Freskomalerei des 16. Jahrhunderts wieder neu erfinden“, sagt Matthias Zahn.
Restauratoren arbeiteten am Residenzschloss Dresden wie die alten Meister
Unterstützung bekamen die Restauratoren von Kunsthistorikern aus Köln und Italien und Experten des Dresdner Landesamts für Denkmalpflege. Jährlich besprach man die Forschungsergebnisse. Etwa, dass die Meister Erdfarben wie Ocker, Grün und Rottöne verwendeten. Dass sie blaues Glaspulver nutzten, Holzkohle für die Farbe Schwarz, Kalk für Weiß. Dass sie die Farbpigmente mit Wasser mischten wie beim Aquarell.
Doch damit nicht genug: Die Pigmente wurden als sogenannte „Frischmalerei“ auf eine feuchte, dünne Kalkputzschicht aufgetragen. Besonders knifflig: Der Untergrund durfte während des gesamten Prozesses nicht trocknen. Schon am Folgetag waren Korrekturen nicht mehr möglich, ohne den Putz erneut abzuschlagen.
Wir waren gezwungen, genau so zu arbeiten wie die Künstler im 16. Jahrhundert
sagt Restaurator Matthias Zahn
Dafür musste die richtige Putzmischung neu entwickelt werden. Geübt wurde an einem Modell im Maßstab 1:10. Erst wenn das Ergebnis stimmte, setzten die Restauratoren die Motive in Originalgröße auf Pappe und dann direkt auf die Fassade.
Jeden Tag entstanden nur kleine Flächen. Im Hochsommer hängten sie nasse Tücher über die Bilder, um den Putz feucht zu halten. Ein enormer Aufwand über Jahre, der nie in Frage stand. Die Restaurationsarbeiten am Schloss und am Grünen Gewölbe hatten die Qualität schon vorgegeben. „Wir wollen keine Kulissenarchitektur. Wir arbeiten in Dresden mit historischer Substanz“, betont Projektleiter Holger Krause. Der Bauingenieur schwärmt vom Charisma der Anlage und dem Wow-Moment für die Besucher. „Wir geben einen Eindruck davon, wie man sich die Renaissance vorstellen muss.“
Ein Besuch im Residenzschloss lohnt sich immer
Ab sofort könnt ihr die Fresken im Residenzschloss auf allen drei Etagen in ihrer ganzen Pracht bewundern. Neben dem monumentalen Kunstwerk wartet das Residenzschloss auch mit einer Vielzahl an Museen auf: Bewundert die sagenumwobenen Schätze im Grünen Gewölbe, bestaunt jahrhundertealte Meisterwerke im Kupferstichkabinett oder reist in der Rüstkammer zurück in die Zeit der Ritter und Fürsten. Alle Informationen zu den Ausstellungen und Eintrittspreisen findet ihr auf der Webseite des Residenzschlosses.
Endlich ist es soweit! Die Fresken am Altan erstrahlen wieder in alter Pracht. Um sie zu restaurieren, mussten vergessene Techniken neu erlernt werden. Die Riesengemälde der Renaissance sind das Prunkstück des Residenzschlosses. Nach jahrelanger Arbeit könnt ihr die fertiggestellten Kunstwerke nun in ihrer ganzen Pracht bewundern.
Wie belebt man den Geist eines fürstlichen Freskos, von dem niemand genau weiß, wie es einmal ausgesehen hat? Diese spannende Frage stand für den Restaurator und Bauforscher Matthias Zahn am Anfang seiner Arbeit für die Restaurierung der farbenfrohen Gemälde am Altan des Residenzschlosses Dresden. Und es sollte viel Zeit und große Mühen kosten, darauf eine Antwort zu finden.
Residenzschloss Dresden als Symbol der Macht
Aber der Reihe nach: Denn die Geschichte der Fresken beginnt im 16. Jahrhundert. Kurfürst Moritz I. von Sachsen hatte, wie so viele Herrscher und Adlige seiner Zeit, ein Faible für die italienische Renaissance. Und nachdem er das Land 1549 bereiste, holte er fähige Künstler und Baumeister an die Elbe. Sie sollten das Dresdner Schloss nach italienischem Vorbild in die modernste Residenz nördlich der Alpen verwandeln und durch ihre Arbeiten die Macht des Kurfürsten erstrahlen lassen. Zum Highlight des imposanten Renaissancebaus wurde der Altan im Großen Schlosshof – eine viergeschossige Loggia mit 19 Meter langen und bis zu 5,70 Meter hohen Riesengemälden, die Moritz I. von den Brüdern Benedikt und Gabriel Tola aus Brescia gestalten ließ. Jahrhundertelang galten sie als sächsisches Weltwunder.
Gigantisches Renaissance-Fresko vernichtet
Doch vom Original war schon seit langer Zeit nichts mehr zu sehen: Einen Großteil der Bilder zerstörte der große Schlossbrand von 1701, ein weiterer wurde Ende des 19. Jahrhunderts einfach übermalt. Das Wenige, das übrig blieb, haben 1945 die Bomben vernichtet.
Unwiderbringlich verloren waren die Fresken, die sich über eine Fläche von 250 Quadratmetern zogen, damit aber nicht: Bereits in den 1970er-Jahren gab es erste Pläne, die Gemälde neu zu erschaffen. 2015 erhielt Matthias Zahn, der schon seit 1988 in die Planungen zum Wiederaufbau des Dresdner Schlosses involviert war, schließlich den Auftrag für die Restaurierung des Altans.
Vergessene Techniken mussten neu erlernt werden
Über mehrere Jahre wertete der Restaurator alte Modelle des Schlosses aus, studierte historische Stiche und Ölgemälde aus dem 17. Jahrhundert. Glücklicherweise fanden sich im Kupferstichkabinett einige Skizzen der Gebrüder Tola für den Altan. Aufschluss über die Motive gab auch ein Foto des Dresdner Fotografen Hermann Krone aus dem Jahr 1865. Aber in welchem Stil hatten die Künstler gemalt? „Weil die Tola-Brüder sonst keine Malerei hinterlassen haben, mussten wir uns andere Vorbilder suchen“, berichtet Matthias Zahn.
Das zeigen die Fresken am Altan
Während die Sgraffito-Darstellungen im Großen Schlosshof Szenen aus der römischen Antike zeigen, widmen sich die Fresken am Altan biblischen Themen. Das erste Obergeschoss thematisiert die Bekehrung des Paulus aus dem Neuen Testament. Das zweite Obergeschoss zeigt Josef und Maria mit dem Jesuskind sowie die Heiligen Drei Könige. Im dritten Obergeschoss ist eine Szene aus dem Alten Testament zu sehen: Die Königin von Saba macht König Salomon ihre Aufwartung.
Mit seinem siebenköpfigen Team besuchte er Villen, Kirchen und Paläste, um die Fresken des 16. Jahrhunderts zu studieren. Sie reisten nach Brescia und stießen dort auf die Werkstatt von Girolamo Romanino, einem Maler der italienischen Hochrenaissance. Sie forschten nach Zeitgenossen der Tola-Brüder und entdeckten Lattanzio Gambara.
In dessen Wandbildern aus Parma suchten sie nach Hinweisen, wie die Fresken in Dresden ausgesehen haben mochten. Allerdings spielten für die Restaurierung nicht nur Motive und Stilfragen eine Rolle, sondern auch die alte Technologie. „Wir mussten die Freskomalerei des 16. Jahrhunderts wieder neu erfinden“, sagt Matthias Zahn.
Restauratoren arbeiteten am Residenzschloss Dresden wie die alten Meister
Unterstützung bekamen die Restauratoren von Kunsthistorikern aus Köln und Italien und Experten des Dresdner Landesamts für Denkmalpflege. Jährlich besprach man die Forschungsergebnisse. Etwa, dass die Meister Erdfarben wie Ocker, Grün und Rottöne verwendeten. Dass sie blaues Glaspulver nutzten, Holzkohle für die Farbe Schwarz, Kalk für Weiß. Dass sie die Farbpigmente mit Wasser mischten wie beim Aquarell.
Doch damit nicht genug: Die Pigmente wurden als sogenannte „Frischmalerei“ auf eine feuchte, dünne Kalkputzschicht aufgetragen. Besonders knifflig: Der Untergrund durfte während des gesamten Prozesses nicht trocknen. Schon am Folgetag waren Korrekturen nicht mehr möglich, ohne den Putz erneut abzuschlagen.
Dafür musste die richtige Putzmischung neu entwickelt werden.
Geübt wurde an einem Modell im Maßstab 1:10. Erst wenn das Ergebnis stimmte, setzten die Restauratoren die Motive in Originalgröße auf Pappe und dann direkt auf die Fassade.
Jeden Tag entstanden nur kleine Flächen. Im Hochsommer hängten sie nasse Tücher über die Bilder, um den Putz feucht zu halten. Ein enormer Aufwand über Jahre, der nie in Frage stand. Die Restaurationsarbeiten am Schloss und am Grünen Gewölbe hatten die Qualität schon vorgegeben. „Wir wollen keine Kulissenarchitektur. Wir arbeiten in Dresden mit historischer Substanz“, betont Projektleiter Holger Krause. Der Bauingenieur schwärmt vom Charisma der Anlage und dem Wow-Moment für die Besucher. „Wir geben einen Eindruck davon, wie man sich die Renaissance vorstellen muss.“
Ein Besuch im Residenzschloss lohnt sich immer
Ab sofort könnt ihr die Fresken im Residenzschloss auf allen drei Etagen in ihrer ganzen Pracht bewundern. Neben dem monumentalen Kunstwerk wartet das Residenzschloss auch mit einer Vielzahl an Museen auf: Bewundert die sagenumwobenen Schätze im Grünen Gewölbe, bestaunt jahrhundertealte Meisterwerke im Kupferstichkabinett oder reist in der Rüstkammer zurück in die Zeit der Ritter und Fürsten. Alle Informationen zu den Ausstellungen und Eintrittspreisen findet ihr auf der Webseite des Residenzschlosses.
Residenzschloss
Taschenberg 2, 01067 Dresden
Öffnungszeiten: täglich 10-18 Uhr, Dienstag geschlossen
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