Küchensterne über dem Heiderand

Zu Besuch bei Martin Walther in seinem Restaurant „Heiderand“

Martin Walther und seine Eltern. Foto: Michelle Hilbert, wildlights

Wer kulinarische Überraschungen sucht, wird in den Restaurants von Dresden und der Region Elbland fündig. Für unsere Reihe haben wir mit einigen unserer Spitzenköche über deren Passion für gutes Essen gesprochen, darüber, was sie antreibt und was ihre Küche ausmacht. Viel Spaß beim Lesen und guten Appetit!

Martin Walther könnte mit seinem Restaurant Heiderand den nächsten Stern nach Dresden holen – das wird nicht nur geflüstert, sondern auch schon geschrieben. Und selbst bei der Konkurrenz, den Dresdner Sterneköchen, traut man dem jungen Koch so einiges zu. Man kennt sich, hatte den 28-Jährigen entweder schon am eigenen Herd im Einsatz oder als Gast am Tisch.

Martin Walther greift nach den Sternen

Falls es klappen sollte mit der Michelin-Ehre, dann ganz sicher nicht zufällig. Martin Walther weiß sehr genau, was es bedeutet für beziehungsweise mit einem Stern zu kochen. Seine Ausbildung zum Koch hat er im Dresdner Restaurant Caroussel bei Benjamin Biedlingmaier absolviert, der seinerzeit als einer der jüngsten Sterneköche Deutschlands von sich reden machte. Gern denkt Walther aber auch an seine Zeit im Küchenteam von Marcus Blonkowski zurück, der für sein Genuss-Atelier seit 2019 einen Michelin-Stern mit sich führt. Eine seiner spannendsten wie intensivsten Zeiten dürfte die im Team des „aend“ unter Fabian Günzel in Wien gewesen sein.

Danach kam Walther nach Dresden zurück – für immer, so sein Wunsch.

Maronenschaumsuppe mit Speck statt Bauernfrühstück

Was lockte war vielleicht die Sehnsucht nach der Heimat. Auf jeden Fall war es das Familienlokal am Rand der Dresdner Heide. Das war in Dresden eine echte Institution, wurde von seine Eltern in dritter Generation geführt und sollte nun an den Sohn übergeben werden. Der hat dann erstmal den allsonntäglichen Tanztee gestrichen und das „Café“ aus dem Namen genommen und überhaupt alles auf den Kopf gestellt hat – die Inneneinrichtung und vor allem die Küche. Anstelle von Bauernfrühstück und Würzfleisch stehen nun Gerichte wie Maronenschaumsuppe mit Speck und Ziegenkäseschaum oder Gebratener „Label Rouge“ Lachs mit Wakamesoße, Kohlrabi, Sesam und aromatisierter Sojareduktion auf der Speisekarte.

Wenn sich das Heiderand mit den Sätzen beschreibt „Wir interpretieren die deutsch-schlesische Küche auf moderne Art und Weise und denken Küche und Service neu“, dann ist das ganz sicher untertrieben. Genauso wie man Martin Walther auch unterschätzen könnte, wenn man ihm begegnet. Auf dem Fußballfeld dürfte der zurückhaltend wirkende junge Mann der perfekte Mittelfeldspieler sein: strategisch stark, abwartend und bei der passenden Gelegenheit zielsicher und willensstark in der Umsetzung.

Das Heiderand – ein Restaurant mit dem gewissen Extra

Und so ist die Forelle zwar in Anlehnung an „Forelle Müllerin Art“ zubereitet, aber das gewisse Etwas, das Martin Walther dazu gibt, das zaubert eben am Ende etwas ganz Besonderes auf den Teller des Gastes.

Die Speisekarte wechselt häufig, so kann Walther sein Können voll in die Waagschale werfen und seine Stammgäste immer wieder überraschen. Seine Handschrift erkennt man an der Konzentration auf eine überschaubare Anzahl von Zutaten, die – wenn möglich – aus der Region kommen, wie eben die Forelle.

Ich liebe die skandinavische Küche, sie ist ehrlich, bodenständig und dennoch inspirierend.

sagt Martin Walther

Immer einen Platz auf der Speisekarte bekommen Piroggen – ein Familienerbe von Walthers schlesisch-stämmiger Mutter. Sie steht ihrem Sohn als feste Konstante in der Küche zur Seite und ist immer wieder überrascht von Martins Kreationen, „Gebratene Piroggi mit Champignon und Lauch gefüllt, Kapern-Rosinensoße und Selleriepüree“ zum Beispiel.

Wer im Heiderand Dresden speisen will, sollte reservieren

Die Gäste kommen von überall her, eine Tischreservierung ist dringend angeraten. „Heute stoßen viele Gäste über Onlinekanäle auf uns, gerade Touristen, die auf der Suche nach einer qualitativ hochwertigen Küche sind und auch nach Regionalität. Das funktioniert aber nur, weil wir sehr gut bewertet werden. Zufriedene Gäste empfehlen uns gern weiter und kommen wieder“, sagt Walther.

Touristen machen im Normalfall 40 Prozent seiner Gäste aus. Sie kommen Schritt für Schritt wieder nach der coronageprägten Zeit. „Ich freue mich riesig, wenn sich in unserem Lokal das Sächsische wieder mehr und mehr mit Dialekten und Sprachen aus unterschiedlichen Teilen dieser Welt mischt“, so Walther.

Wenn er Skandinavier bei sich zu Gast hat, spätestens dann reifen die eigenen Urlaubspläne: „Ich bin kein Strandurlaubstyp. Ich suche mir mein Urlaubsziel nach den Restaurants aus, die ich unbedingt einmal besuchen möchte“, sagt Walther. Ganz oben auf der Liste stehen das Restaurant The Jane in Antwerpen und das Restaurant Maaemo in Oslo. In der Zwischenzeit ist er derjenige, der die Menschen glücklich macht.

Wir drücken Martin Walther die Daumen: Er ist für den Titel „Sachsens Unternehmer des Jahres 2022“ nominiert.

Teil 1 unserer Serie: Mario Pattis und sein Familienrestaurant „Erholung“

Teil 2 unserer Serie: Zu Besuch im Genuss-Atelier bei Sternekoch Marcus Blonkowski

Teil 4 unserer Serie: Sterneküche als Event: Zu Besuch im „Atelier Sanssouci“

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